Mit Armee und MBB-Hubschraubern gegen Sendero

Ein anonym bleibendes Führungsmitglied aus Perus Vereinigter Linker: „Sendero ist jetzt der Hauptgegner“  ■ I N T E R V I E W

taz: Anscheinend hat sich das Verhältnis von Perus Vereinigter Linker zu Sendero Luminoso in der letzten Zeit sehr verändert. Warum?

N.N.: Viele von uns hatten wohl doch nicht erwartet, daß Sendero seine Strategie derart brutal umsetzen würde. Viele Genossen hofften bis zuletzt, daß sich eine weniger militärische Linie bei Sendero durchsetzen würde. Nach den Attacken gegen Vertreter der Vereinigten Linken, gegen Gewerkschaftsführer und Entwicklungshelfer sowie der physischen Bedrohung Dutzender von Mitarbeitern peruanischer Nicht-Regierungsorganisationen aus dem linken Spektrum ist die Mehrheitsmeinung in der „legalen Linken“ umgeschlagen. Es gibt nicht nur keine Bündnismöglichkeit, sondern viele sehen jetzt in Sendero den politischen Hauptgegner.

Die Vereinigte Linke in Peru ist nach Umfragen im Kopf-an -Kopf-Rennen mit dem Rechtsbündnis von Vargas Llosa. Wie könnte sich eine mögliche Regierung der Vereinigten Linken mit Sendero auseinandersetzen?

Wenn es gelingt, die wirtschafltiche Situation zu verbessern, den Menschen wieder Hoffnung und Perspektive zu geben, wird dies auch helfen, Sendero zu bekämpfen...

Aber war das nicht auch die Hoffnung, als 1985 Alan Garcia an die Regierung kam?

Schon, aber Garcia mußte sich gegen die eigene Partei und ihren Apparat durchsetzen und ist nicht zuletzt auch daran gescheitert.

Nun macht die Vereinigte Linke einen zerstrittenen Eindruck.

Die Vereinigte Linke ist tief gespalten. Aber ich denke doch, daß sie sich noch auf einen gemeinsamen Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen einigen wird. „Reformisten“ wie „Radikale“ wissen, daß sie nur mit Barrantes (dem ehemaligen Bürgermeister von Lima; d.Red.) als gemeinsamer Kandidat überhaupt eine Chance gegen Vargas Llosa haben.

Die Verschuldung ist eines der großen Probleme des Landes. Wie könnte es hier weitergehen?

Als Garcia 1985 ankündigte, daß seine Regierung die Zinsrückzahlungen auf 10 Prozent der Exporteinnahmen beschränken werde, unterstützten dies drei Viertel der Bevölkerung. Heute, nachdem die nicht zurückgezahlten Milliarden in unproduktiven Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ausgegeben wurden, die anderen lateinamerikanischen Schuldnerländer nicht mitzogen und unser Land seit fast fünf Jahren keine nennenswerten Kredite mehr bekommen hat, befürworten 80 Prozent der Bevölkerung die ernsthafte Wiederaufnahme der Gespräche mit dem IWF. Jetzt sollten wir versuchen, über Druck und Verhandlungen, über gemeinsames Vorgehen der Schuldner etwas zu verändern.

Vargas Llosa hat schon 1985 als Leiter der Untersuchungskommission über die Ermordung von achtzig peruanischen Journalisten versucht, alle Schuld vom Militär fernzuhalten. Führende peruanische Militärs sagen, daß eine gründliche Aufstandsbekämpfung in Peru bis zu einer Million Opfer kosten würde. Würde Vargas Llosa als Präsident den Militäs freie Hand geben?

Ich weiß es nicht. Aber ich glaube fast, daß es so, wie es sich einige Militäs denken, aufgrund der internationalen Öffentlichkeit nicht gehen wird, und das weiß auch Vargas Llosa. Sie werden also versuchen, den Propagandakrieg zu verbessern und die Terrorismusbekämpfung zu effektivieren...

Was halten Sie von den Hubschrauberlieferungen aus der BRD, gegen die sich die bundesdeutsche Solidaritätsbewegung engagiert hat?

Nun, ich denke, bis weit in die Vereinigte Linke ist man sich heute klar darüber, daß die Bekämpfung Senderos effektiver gestaltet werden muß. Bei der Wahl zwischen einem Wahlsieg der FREDEMO oder der Diktatur Senderos zieht die Mehrheit der Linken und der Bevölkerung sowieso das wenn auch noch so schlechte peruanische System vor. In letzter Konsequenz bedeutet das, daß wir die Hubschrauberlieferungen von MBB an die peruanischen Polizeistreitkräfte unter Vermittlung der amerikanischen Drogenbekämpfungsbehörde begrüßen, wenn sie der Effektivierung der Bekämpfung der Sendero-Einheiten dient und die Verluste unter der Zivilbevölkerung reduziert.