„Borniert“ kostet 100Mark

■ Ein 40jähriger Gefangener muß zahlen, weil er den Haftanstaltsleiter „an der unteren Grenze“ beleidigte

Ein 40jähriger Häftling, der einem Teilanstaltsleiter der Jusitzvollzugsanstalt Tegel „Borniertheit“ vorgeworfen hatte, wurde deswegen am Freitag vom Amtsgericht Tiergarten wegen Beleidigung zu 100Mark Geldstrafe verurteilt. Das beanstandete Wort verwendete der Angeklagte in einem Schreiben an die Anstaltsleitung. Hintergrund war eine Auseinandersetzung um die Teilnahme am Gottesdienst in der Haftanstalt. Der Angeklagte fühlte sich an der Ausübung seiner Religionsfreiheit gehindert, weil er seinen Angaben nach mehrfach nicht rechtzeitig auf die Gottesdienste hingewiesen worden sei.

Laut Urteilsbegründung sei die Verwendung des Ausdrucks „borniert“ an der unteren Grenze der Beleidigung angesiedelt, müsse jedoch nicht hingenommen werden. Zwar könne der Anstaltsleiter, der es mit „Eingesperrten“ zu tun habe, nicht die Ausdrucksweise des spanischen Hofzeremoniells erwarten, andererseits habe der Angeklagte aber auch andere Menschen zu achten.

Der Häftling, der als Beruf Musikwissenschaftler und Komponist angab, wird seine einjährige Strafe in zwei Wochen verbüßt haben. Er wurde jetzt außerdem zu einer Geldbuße von 100Mark verurteilt, weil er den Fragebogen zur Volkszählung 1987 nicht ausgefüllt hatte. Die Summe entsprach dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die den üblichen Bußgeldbescheid über 1.500Mark als überhöht bezeichnet hatte. Die Verteidigung plädierte auf eine „symbolische Geldbuße“ von fünf Mark, weil der Angeklagte im Gefängnis kein Einkommen habe.

dpa