Stallgeruch

Brillen-Fielmann wird Biobauer in Schleswig-Holstein  ■ K O M M E N T A R

Der Optikerriese Günther Fielmann will Biobauer werden (siehe taz von gestern). Na und? Spannend an dieser Meldung ist weniger die Tatsache, daß da ein prominenter Industrieller, der dazugelernt hat, in den ökologischen Landbau einsteigt, sondern die ängstlich-abwehrenden Reaktionen der Ökobauern auf den Neuen, den sie „Biobauer“ nennen. Statt aus Freude über den ansehnlichen Neuzugang einen Ochsen zu schlachten, ein Fest zu feiern, den finanzstarken Jungbauern beim Wort zu nehmen und sich gemeinsam mit ihm schlagkräftige Strategien im Kampf gegen EG-Agrarmaschine und Giftmafia zu schmieden, wird geblockt, gemauert und genörgelt. In der 'Bauernstimme‘, Zentralorgan der Bauernopposition, wird Umsteiger Fielmann wie ein Aussätziger begrüßt. Tenor: Der will sich bei uns einschleichen, der macht unsere Preise kaputt, dieser Schickimicki-Bauer soll bleiben, wo der Pfeffer wächst.

Seit Jahren trommelt der nachdenkliche Teil der Bevölkerung für eine andere Form von Landwirtschaft, die als Gegenstück zur heutigen Agrarindustrie möglichst ohne Gift und Gentechnik, ohne medikamentengestützte Massentierhaltung und ohne Dauereintrag von Kunstdüngern wirtschaftet. Weil man die besseren Argumente hat, ist es leider nicht zu verhindern, daß man den einen oder anderen überzeugt. Ergebnis: Die andere Landwirtschaft hat bis in die Bürokratien von Bonn und Brüssel hinein Unterstützung gefunden, die Mehrheit der Bundesdeutschen ist in ihren Hinterköpfen längst zum heimlichen Verehrer dieser Form der Landwirtschaft geworden, und offenbar hat sich auch einer wie Günther Fielmann infizieren lassen.

Gegenüber diesen Erfolgen sind aber manche Biobauern mißtrauisch. Da gibt es Berührungsängste, und es mangelt an Offenheit gegenüber Personen, die nicht denselben Stallgeruch besitzen. Nur: Wer wirklich etwas verändern will, kann auf Dauer nicht in der kuschelig-überschaubaren kleinen, aber feinen Außenseiterecke sitzen bleiben. Der muß mit seinen Ideen expandieren und dabei auch jene Bevölkerungsteile erreichen, die ein gutes Stück von der eigenen Identität entfernt sind.

Also ran an die Brillenschlange. Nehmt ihn gefälligst in die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft auf, schenkt ihm ein Schwein, eine Mistgabel und jede Menge Bio -Know-how. Wenn er sich irgendwann tatsächlich als Pseudobauer und Abzocker entpuppen sollte, könnt ihr ihn immer noch zum Teufel jagen.

Manfred Kriener