LTU bestreikt - Urlauber am Boden

Charterfluggesellschaft LTU in Düsseldorf wird bestreikt / Wartezeit von rund zehn Stunden für Urlauber / Beschäftigte kämpfen für ein Rationalisierungsschutzabkommen / Spaßprogramm für Wartende  ■  Aus Düsseldorf Annette Rogalla

Einen Tag, bevor in Nordrhein-Westfalen die Schulferien zu Ende gehen, herrscht Chaos auf dem Düsseldorfer Flughafen, dem größten Charterflughafen in der BRD. 300 Stewardessen, Piloten und Ingenieure der Fluggesellschaft LTU sind gestern früh in Streik getreten. Sie pochen auf eine Klausel in ihrem Manteltarifvertrag, die ihnen Schutz vor einer eventuellen Rationalisierung sichert. Besonders die Stewardessen und Bordingenieure bangen um ihren Arbeitsplatz, wenn die LTU als größtes deutsches Charterflugunternehmen wohl in den kommenden Jahren seine Flotte auf neue Flugzeuge umstellt. Die Zukunftsmaschine vom Typ MD 11 fliegt zwar mehr Passagiere in die Welt, benötigt aber auch weniger Personal an Bord als herkömmliche Flugzeuge. Doch damit nicht genug. Die Deutsche Angestellten -Gewerkschaft (DAG), die spontan in der Nacht vom Samstag auf Sonntag zum Streik aufgerufen hatte, befürchtet, daß sich im Zuge des europäischen Binnenmarktes die LTU weiterhin in viele Einzelunternehmen ohne Tarifverträge aufspalten wird.

Erste handfeste Schritte in diese Richtung praktiziert die LTU bereits seit zwei Jahren. 1987 wurde die LT-Süd in München und die LT-Catering gegründet. In beiden Firmen arbeitet die Belegschaft ohne Tarifverträge. „In München wird neuen Mitarbeitern nahegelegt, aus der Gewerkschaft auszutreten, bevor sie den Arbeitsvertrag mit der LT-Süd unterschreiben“, empört sich Werner Fischer von der Düsseldorfer Streikleitung. Fischer befürchtet, daß die LTU die Belegschaften der genannten Tochterunternehmen gegeneinander ausspielen wird. Demnach will die LTU zwei neue Gesellschaften gründen, eine eigene Technik -Gesellschaft und eine fürs Kabinenpersonal. So wäre die Firma geteilt. Die 1.300 in Düsseldorf beschäftigten MitarbeiterInnen würden dann diversen rechtlich unabhängigen Firmen zugeordnet werden. „Das wollen wir verhindern, deswegen ist die Rationalisierungsschutzklausel wichtig“, so Werner Fischer von der DAG. Warum mußte die DAG ausgerechnet gestern zum Streik aufrufen?! Unverhofft wurden etwa 10.000 Urlauber davon betroffen. Sie warteten in Palma de Mallorca, Alicante oder Heraklion vergeblich auf ihren Rückflug nach Düsseldorf. Noch vor einigen Tagen hatte die DAG versprochen, während der Schulferien Stillstand zu wahren.

Die LTU sei der Gewerkschaft zuvorgekommen: „Denn am 4.August hat die LTU bereits Personal für den geplanten Streik am Montag zwangsverpflichtet. Bei Zuwiderhandlung hätten die streikenden Kollegen mit ihrer fristlosen Entlassung rechnen müssen“, erklärt die DAG. Dem wollte die Gewerkschaft zuvorkommen. Und so hieß es gestern in Düsseldorf, bis zu zehn Stunden Verspätung bei der Ankunft und beim Abflug in Kauf zu nehmen. Wolfgang Osilski, Pressesprecher der LTU, nahm die Situation gelassen: „Wir sind vorbereitet, wir haben Verkaufspersonal nach einer Blitzausbildung von zwei Tagen in die Luft geschickt. Außerdem übernehmen andere Linien unsere Passagiere.“ Für längere Wartezeiten von mehr als fünf Stunden hält die LTU in Düsseldorf ein Bespaßungsprogramm für die Passagiere parat: Kinofilme, ein Besuch im Aquarium oder Fahrten auf dem Rhein.