UDF-Mitglieder fordern Botha heraus

Kampagnen zivilen Ungehorsams gegen Apartheid gehen weiter / Führende UDF-Aktivisten trotz Verbots auf Versammlung / Minister Vlok muß Beschuldigungen gegen Cosatu zurücknehmen  ■  Aus Johannesburg Hans Brandt

Zwanzig führende Antiapartheidaktivisten haben am Sonntag Verbote der südafrikanischen Regierung ignoriert und an einem Protestgottesdienst in Kapstadt teilgenommen. Gestern wurden zudem 300 Demonstranten von der Polizei mit Tränengas auseinandergetrieben, als sie einen politischen Gefangenen im Krankenhaus besuchen wollten. Und etwa 5.000 Menschen verletzten am Samstag bewußt Restriktionen, die politische Proteste bei der Beerdigung von zwei ANC-Mitgliedern untersagten und hißten Fahnen des verbotenen African National Congress (ANC). All diese Proteste sind Teil einer letzte Woche begonnenen landesweiten Kampagne des zivilen Ungehorsams gegen Apartheidgesetze und finden mitten im südafrikanischen Wahlkampf statt. Am 6.September wird gewählt - ohne die Stimmen der schwarzen Bevölkerungsmehrheit.

„Sie haben sich selbst befreit“, sagte der anglikanische Erzbischof Desmond Tutu bei dem Gottesdienst am Sonntag. „Wir tun dies nicht aus Übermut. Wir treten nach wie vor für Gewaltfreiheit, Frieden und Gerechtigkeit ein.“ Die Kirche hat in der Vergangenheit mehrfach bekundet, daß ein Verstoß gegen Unrechtsgesetze kein Unrecht sein könne. Die Auflagen für führende Mitglieder des faktisch verbotenen Oppositionsbündnisses Vereinigte Demokratische Front (UDF) untersagen es ihnen, an Versammlungen von mehr als zehn Menschen teilzunehmen. Außerdem stehen sie von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang unter Hausarrest. Der Gottesdienst, an dem über 1.200 Menschen teilnahmen, dauerte jedoch bis in den Abend an. Die Polizei hat bisher gegen 16 der 20 Aktivisten Untersuchungen eingeleitet.

Südafrikas Minister für Recht und Ordnung, Adriaan Vlok, nahm unterdessen Beschuldigungen gegen die Gewerkschaftsföderation Cosatu zurück. Er hatte vor Beginn der Oppositionskampagne behauptet, Cosatu und andere Organisationen planten Gewaltaktionen. Cosatu-Anwälte hatten dem Minister mit einer Klage vor Gericht gedroht, falls er diese Vorwürfe nicht zurücknehme.