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„Konkret hat sich für Bernd nichts verändert“

Der kranke RAF-Gefangene Bernd Rössner ist immer noch in Straubing inhaftiert / Gutachten aus München und Karlsruhe nennen Rössner weiter „grundsätzlich haftfähig“ / Dennoch vage Hoffnungen auf Haftverschonung / Öffentliches Abschwören nicht Bedingung  ■  Von Gerd Rosenkranz

Berlin (taz) - Zwar will Hubert Dietl vermeiden, daß „Herr Rössner aus der taz erfährt, wie im Ministerium die Dinge gesehen werden“. Aber dann erzählt der Ministerialdirigent, der im bayerischen Justizministerium der Strafvollzugsabteilung vorsteht, doch von den „grundsätzlichen Verhaltensänderungen“ und dem „Sozialisationsprozeß“, in den sich der kranke RAF-Gefangene Bernd Rössner aus eigenem Entschluß seit einigen Monaten begeben habe. Tatsächlich hat Rössner erstmals im Verlauf seiner über vierzehn Jahre andauernden Haft eine Arbeit aufgenommen - in der Gefängnisgärtnerei des Straubinger Knastes. Auch sonst hat der Gefangene, der wegen des Überfalls auf die bundesdeutsche Botschaft in Stockholm im Jahr 1975 eine lebenslange Haft absitzt, seine „sozialen Kontakte“ erweitert, soweit das innerhalb der Mauern überhaupt möglich ist und zugelassen wird.

Gefängnisleitung, Justizministerium und die psychiatrischen Gutachter, die Rössner mehrfach untersucht haben, bewerten die Entwicklung positiv. Genutzt hat das dem Gefangenen bisher wenig. Zwar wurde inzwischen der Umzug in eine andere Zelle genehmigt. Aber „konkret verändert hat sich für Bernd nichts“, glaubt sein Anwalt Peter Tode. Der Rechtsanwalt weist immer wieder darauf hin, daß drei psychiatrische Gutachter des Generalbundesanwalts seinen Mandanten schon vor Monaten für „nicht regelvollzugstauglich“ erklärt hätten. Kurt Rebmann und die bayerische Justizministerin Mathilde Berghofer-Weichner bewerten dieselben Expertenaussagen aus der Perspektive der Strafvollstrecker: Danach ist Rössner „grundsätzlich haftfähig“. So zynisch es klingt, mittlerweile muß der Gefangene fürchten, daß seine „Verhaltensänderungen“ die Chancen auf Haftverschonung oder zumindest eine Verlegung aus dem Straubinger Knast eher geschmälert als verbessert haben. Das Münchner Justizministerium bat als Konsequenz aus der positiven Entwicklung den eigenen Gutachter um eine „ergänzende Äußerung“. Auch Rebmanns Experten sollen ihre Diagnose demnächst nachbessern. „Wenn die sachkundigen Professoren sagen, der muß woanders hin, wird das wohl so geschehen müssen“, meint Dietl. „Wenn die aber sagen, das ist nicht wünschenswert, weil derzeit bereits ein Prozeß läuft, dann werden wir das nicht tun“. Der Münchner Gutachter des bayerischen Justizministeriums hat sich, so scheint es, bereits auf die zweite Alternative festgelegt.

Das alles spielt sich vor einem besorgniserregenden Hintergrund ab. Die wenigen Außenstehenden, die den Gefangenen in den letzten Jahren im Besuchsraum des Straubinger Knasts zu Gesicht bekamen, gewannen allesamt denselben Eindruck: Bernd Rössner ist „an Leib und Seele krank“. Selbst das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) forderte Ende Februar Haftunterbrechung für den „Stockholmer“. „Bei Rössner ist bekannt, daß er durch mehrere Hungerstreiks erhebliche Gesundheitsschäden davongetragen hat“, schrieb die Boeden-Behörde im Zusammenhang mit dem letzten Hungerstreik, an dem sich Rössner im übrigen nicht mehr beteiligte. Und: „Eine Haftverschonung würde ein deutliches Zeichen des Entgegenkommens des Staates setzen, ohne die Sicherheitslage zu verändern.“ Auch von Bonns Obervermittler während des Hungerstreiks, Staatssekretär Kinkel, ist bekannt, daß er damals die Forderung nach einer Entlassung von Rössner befürwortete. Vergeblich. Beinhart wies CSU-Ministerin Berghofer-Weichner jedes „Zurückweichen vor dem Terrorismus“ zurück.

Rechtsanwalt Tode prüft unterdessen die Möglichkeiten zur stationären oder ambulanten Behandlung seines Mandanten außerhalb des bayerischen Knastes. Zunächst soll ein Gesamtkonzept entwickelt werden, das sich an den Vorgaben der psychiatrischen Gutachten von Generalbundesanwalt Rebmann orientiert. Eine geschlossene Einrichtung, das steht für Tode fest, kommt dabei nicht in Frage. Schließlich gehe es darum, die „krankmachenden Ursachen zu beseitigen“, also um die Beendigung der Haft. Sobald das Konzept, inklusive der Zusage einer geeigneten Einrichtung, steht, glaubt Tode, daß ein Antrag auf Haftverschonung für Rössner nicht ohne Chance ist. Dies um so mehr, als der Tag nicht mehr fern sei, an dem der Gefangene volle 15 Jahre abgesessen hat. Dann steht die bei „Lebenslänglichen“ übliche gerichtliche Entscheidung über die Fortdauer der Haft an.

Das weiß auch Hubert Dietl. Doch er kann sich „nicht vorstellen, daß ohne eine Änderung in der persönlichen Einstellung des Herrn Rössner ein Gericht positiv entscheiden würde“. Also öffentliches Abschwören? „Nein“, beteuert Dietl. „Es kommt sicherlich nicht auf die Äußerlichkeit einer öffentlichen Erklärung an, sondern auf den Gesamteindruck, den das Gericht haben muß.“ Nach einer Negativentscheidung des Gerichts bliebe Rössner nur noch das Gnadengesuch beim Bundespräsidenten als letzte Möglichkeit. Ob er diesen Weg gehen will, weiß bislang niemand.

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