BSR schickt Gärtnern Asche aufs Haupt

■ Störfall in der Müllverbrennungsanlage Ruhleben / Giftasche auf Charlottenburger Kleingärten / Störfall schon am Dienstag / Stadtreinigung verschwieg die Havarie

Ursache des mysteriösen Ascheregens, der am Dienstag abend über der Charlottenburger Kleingartenkolonie Fürstenbrunn niederging, war offenbar eine Havarie in der Müllverbrennungsanlage (MVA) in Ruhleben. „Es gab eine kurzzeitige Störung“, bestätigte gestern Georg Fischer, der technische Geschäftsleiter der Berliner Stadtreinigung (BSR). Nachdem in einem Kessel der MVA ein Rohr geplatzt war, schaltete sich dort automatisch die Rauchgasreinigungsanlage ab. Die giftigen Rauchgase, die in geringen Mengen auch Dioxine enthalten, gingen einige Minuten lang ungefiltert durch das Bypass-Rohr in die Luft. Daneben wurden offenbar auch, so Fischers Vermutung, „Reaktionsprodukte“ aus der Filteranlage freigesetzt: Kalk, der mit verschiedenen Giftstoffen wie Dioxinen und Schwermetallen versetzt ist.

Der Störfall ereignete sich nach Fischers Angaben etwa um 19 Uhr; gegen 19.45 Uhr ging der weiße Ascheregen in der gut zwei Kilometer westlich gelegenen Kolonie herunter. Fünf bis zehn Minuten lang fiel die Asche vom Himmel und überzog die Gärten mit einer weiß-grauen Staubschicht. Ein Kolonist klagte über ein unangenehmes Brennen auf der Haut, das erst aufhörte, nachdem er geduscht hatte.

Sauer auf die BSR war gestern die Senatsumweltverwaltung. Eigentlich hätte die BSR „wie jeder andere Betrieb“ den Störfall sofort melden müssen, kritisierte Thomas Schwilling, Referent von Umweltsenatorin Schreyer. BSR-Chef Fischer will allerdings selbst erst gestern nachmittag von dem Vorfall erfahren haben. Erst auf seine eigene Anfrage beim Schichtdienst hin habe er Näheres erfahren, sagte Fischer. Schwillings Kommentar: „schludriger Betrieb“.

Den näheren Umständen des Störfalls will der BSR -Geschäftsleiter heute nachgehen. „Wir werden mit Sicherheit irgendwelche Konsequenzen ziehen“, versicherte Fischer. Die Reaktionsprodukte aus dem Filter hätten nämlich eigentlich nicht in die Luft gelangen dürfen. Ein Bypass-Betrieb, bei dem kurzzeitig die Reinigungsanlage abgeschaltet wird, sei ein „äußerst seltener“ Vorgang. Ein bis zwei derartige Fälle gebe es pro Jahr. Die Gefahren durch Dioxine bewertete Fischer gering. Im Kubikmeter Rauchgas finden sich nach seinen Angaben 0,1 Nanogramm Dioxine, ein zehnmilliardstel Gramm also.

Der Störfall hat Schwilling in der Absicht bestärkt, eine Fernübertragung für die Emissionsdaten der MVA zu installieren. Vor dem Rathaus Charlottenburg und dem Rathaus Spandau, so die Idee, sollen Schautafeln die aktuellen Giftwerte bekannt machen. Auch die Senatsverwaltung will ständig mit den aktuellen Daten versorgt werden. Die BSR, so Schwilling, sei diesem Gedanken „nicht abgeneigt“.

taz