Ein Wille, aber nirgends ein Weg

1.FC Köln - VfB Stuttgart 0:0 / „Fußballer des Jahres“ Thomas Häßler voll überzeugend  ■  Aus Köln Dieter Göbel

Nachdem sich Kölns Trainer Christoph Daum in der vergangenen Saison mit seinen Prophezeiungen arg blamiert hatte, setzte er diese Tradition auch im ersten Heimspiel nahtlos fort. 40.000 Besucher hatte er für die Partie gegen den VfB Stuttgart vorhergesagt, es kamen aber nur 35.000, was die Frage aufwirft, „wie man mit solchen Zuschauerzahlen angesichts eines Spitzenspiels die teuerste Ligamannschaft der Nation (20 Millionen) finanzieren will“. Die Zuschauer aber, die gekommen waren, wurden mit einem hochklassigen Spiel belohnt, dem nur das Wichtigste fehlte: die Tore.

Gleich fünf neue Spieler präsentierten sich im Müngersdorfer Stadion, von denen sich zwei besonders hervortaten. Auf Kölner Seite dominierte der für „Staubsauger Hönerbach“ vom SC Freiburg in die Mannschaft gekommene Alfons Higl derart, daß Stuttgarts Trainer Arie Haan mit seinem Gegenspieler Fritz Walter Erbarmen hatte und ihn in der Schlußphase vorzeitig unter die Dusche schickte.

Auf Stuttgarter Seite kam der argentinische Nationalspieler Jose Basualdo zu seinem ersten Bundesliga-Einsatz, nachdem er in einem Sprachintensivkurs die wichtigsten Grundlagen der deutschen Sprache in Sachen Fußball gelernt hatte: Spielen, schießen, decken. Während ihm die spielerische Umsetzung des letzten Wortes gegen Pierre Littbarski noch deutlich Mühe bereitete, bewies er die volle Kenntnis der ersten beiden Wörter. Trainer Arie Haan: „An ihm werden wir noch viel Spaß haben.“

Das Spiel begann verteilt und vorsichtig, bis es Pierre Littbarski und Thomas Häßler in die Hand nahmen und fortan diktierten. Nachdem Häßler nun wohl für diese Saison endgültig den italienischen Vereinen, die bis zu 16 Millionen Mark für ihn boten, einen Korb gegeben hatte, spielte er einen Fußball, wie man ihn in Köln seit der Zeit eines Bernd Schuster nicht mehr gesehen hat. Vor dem Kick zum „Fußballer des Jahres“ gekürt, bewies er, daß er der wohl balltechnisch beste Spieler der Liga ist.

So hätte alles für den FC laufen können, wenn man sich daran erinnert hätte, daß im Fußball nur der erfolgreich ist, der Tore schießt. Und daran haperte es auf beiden Seiten. Christoph Daum erklärte nachher, am Willen habe es nicht gelegen, woraus der aufmerksame Zuhörer schließen muß, daß es dann zweifelsohne das Können war, das so schmerzlich vermißt wurde. Allein Uwe Rahn tat sich in der Kunst, aus fünf Metern Entfernung das Tor elegant zu umschießen, zweimal rühmlichst hervor. Nach dem Motto „Was der Rahn kann, kann ich schon lange“ tat es ihm Flemming Povlsen eifrig nach. Oder lag es bei ihm daran, daß er im Geiste schon bei seinem neuen Brötchengeber PSV Eindhoven weilte und sich mit der Frage beschäftigte, was man sich neben Brötchen mit 850.000 Mark netto im Jahr noch so alles kaufen kann?

Nachdem die Stuttgarter im Laufe der ersten Halbzeit Vertrauen in das Unvermögen der Kölner Stürmer gefaßt hatten, kündigten sie ihrerseits den Nichtangriffsspakt der ersten zehn Minuten auf und versuchten nun ebenfalls, das Tor zu treffen, was ihnen aber genauso dilettantisch mißlang wie den Kölner Kollegen. So spielten sich auf beiden Seiten hervorragende Kombinationen ab, denen nur der erfolgreiche Abschluß fehlte.

In solchen Situationen muß dann meistens ein Schiedsrichter herhalten, doch der weigerte sich standhaft, per Elfmeter die Gelegenheit zum Torschuß einzuräumen, wobei fairerweise gesagt werden muß, daß er sich alle Mühe gab, beide Mannschaften gleichberechtigt zu benachteiligen.

Es blieb bei einem torlosen Unentschieden und langen Gesichtern beim FC, der aber immerhin mit einem geschenkten Elfmeter in Bochum nun schon 3:1 Punkte geholt hat. Ob das allerdings ausreicht, dem FC Bayern, der dieses Spiel „irgendwie“ gewonnen hätte, die Meisterschale streitig zu machen, darf stark bezweifelt werden.

KÖLN: Illgner - Steiner - Higl, Giske - Häßler, Drehsen (84. Janßen), Littbarski, Rahn, Görtz - Povlsen, Ordenewitz (71. Götz)

STUTTGART: Immel- Allgöwer - Strehmel, Nils Schmäler Schäfer, Buchwald, Basualdo, Hartmann, Sigurvinsson Gaudino, Walter

Und: Bayern München - FC Homburg 1:0