Der neue Wind fordert Opfer

■ Rund 2.000 Entlassungen drohen bei der Kraftwerksunion (KWU)

Fünfundzwanzig Jahre auf das falsche Pferd gesetzt zu haben, den Krieg um Wackersdorf durchgestanden zu haben und dann aus den eigenen Reihen in die Realität zurückgestoßen zu werden: das tut weh. Die Atomingenieure der KWU, die jetzt ihre Arbeitsplätze verlieren sollen, klammern sich an die Vergangenheit, weil sie sich etwas Neues nicht vorstellen können. Neues Denken macht sich breit um sie herum, aber bei den Atomgläubigen erzeugt das nur Depressionen. Sie wurden beschimpft, sind gesellschaftlich isoliert und werden jetzt auch noch vom eigenen Betrieb fallengelassen. Keiner hilft ihnen, nicht einmal das sonst so zuverlässige Forschungsministerium. Auch dort weht ein neues Lüftchen, wenn auch noch kein Sturm die alten Ideen fortgeblasen hat. Selbst in ihrem Zentralorgan, der 'Atomwirtschaft‘ stehen die Zeichen nur noch auf Survival-Technik „Wie ist erfolgreiche Technologie zu retten?“ war der Hauptartikel nach dem Fall von Wackersdorf.

In der KWU selbst ist seit Jahren klar, daß abgebaut werden muß, weil weltweit keine Aufträge mehr reinkommen. Und zwar schon lange vor Tschernobyl. Schon im Februar 1986 kündigte KWU-Arbeitsdirektor Thorn an, daß die Belegschaft bis 1991 um 20 bis 25 Prozent reduziert werden müsse.

Geschieht es ihnen recht, den Atomtechnokraten? Sollen wir sie vor die Hunde gehen lassen? Was wird aus denen, die sich verraten fühlen? Jahrelang haben sie sich als Hohepriester des Fortschritts verstanden und verstehen jetzt die Zeichen der Zeit nicht. Oder sie tun unter dem Gruppendruck so, als würden sie sie nicht verstehen können. Was wird politisch aus diesen Frustrierten? Sie sind ein Potential für die Republikaner. Prävention gegen rechts kann hier ansetzen. Die Gewerkschaften, die politischen Stiftungen sind aufgefordert zu handeln, besonders aber die grünen Anti-Atom -PolitikerInnen. Die Kontaktsperre zu den Atom-Abhängigen muß aufgehoben werden.

Wieland Giebel