Furcht in Prag

■ Regierung warnt vor Protesten anläßlich des 20. Jahrestags der Invasion / Oppositionelle wollen „Schweigemärsche“

Prag (dpa) - Eine Woche vor dem Jahrestag des Einmarsches der Warschauer-Pakt-Truppen im Jahr 1968 wächst in der Tschechoslowakei die Spannung angesichts der offiziellen Warnungen vor Protesten und Demonstrationen aus diesem Anlaß. Mehrere Bürgerrechtsgruppen in der CSSR hatten am Freitag für den 21. August „Schweigemärsche“ in der ganzen CSSR angekündigt. Sie forderten die Bevölkerung auf, an diesem Tag „nur im stillen“ Protest des Endes der Reformbewegungen zu gedenken. Am Sonntag soll durch Niederlegung von Blumen jener gedacht werden, die während der Invasion erschossen wurden.

Die Regierung wirft den Bürgerrechtsgruppen vor, sie wollten am 21. August bürgerkriegsähnliche Zustände provozieren. Bisher verschwieg sie die von der ungarischen Führung am Freitag ausgesprochene Verurteilung des Einmarsches in der CSSR vor 21 Jahren. In Beantwortung eines Briefes des früheren Prager Reformpolitikers Alexander Dubcek hatte Imre Szökai vom Zentralkomitee der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei (USAP) die Invasion als „grundsätzlich falsch“ und „in hohem Maße unrecht“ bezeichnet. Auch der - fast ausschließlich aus Solidarnosc -Vertretern bestehende - polnische Senat hatte am Freitag die damalige Militäraktion des Warschauer Pakts als „Verletzung der unveräußerlichen Rechte einer jeden Nation“ gebrandmarkt.

Der tschechoslowakische Regimekritiker und damalige Außenminister Jiri Hajek begrüßte die jüngsten offiziellen Erklärungen aus Ungarn und Polen. Der italienischen Zeitung 'Republicca‘ sagte er weiter: „Eine aggressive Reaktion (der Prager Regierung) ist aber die vorhersagbare Antwort.“