: Bußgeld für streikende ZDLer
Wegen ihrer Teilnahme am letzten bundesweiten Streik sollen die Zivildienstleistenden 50 Mark Strafe bezahlen / Selbstorganisation ruft mit einem Vordruck zur gerichtlichen Überprüfung auf ■ Aus Bremen Dirk Asendorpf
Rund 1.000 Zivildienstleistende bekamen in den vergangenen Tagen per „Empfangsbekenntnis“ eine „Disziplinarverfügung“ vom Kölner Bundesamt für den Zivildienst zugestellt. Eine Geldbuße von 50 Mark soll ihnen vom spärlichen Zivi-Sold abgezogen werden, weil sie sich am 1. Juni am bundesweiten Streik der Zivildienstleistenden beteiligt hatten. „Ihre Verhaltensweise ist ein gravierender Verstoß gegen die Ordnung im Zivildienst“, heißt es in dem eng beschriebenen vierseitigen Vordruck, in dem das Bundesamt nur die Namen und Anschriften der Streikenden Zivis, nicht aber die vorgesehenen Angaben über die genauen Fehlzeiten eingetragen hat.
Doch die Selbstorganisation der Zivildienstleistenden hat eine andere Auffassung von der „gewissenhaften Erfüllung des Zivildienstes“, wie sie das Gesetz verlangt. „Gewissenhaft“ sei es gerade, „auf Unzulänglichkeiten und Mißstände“ im Zivildienst hinzuweisen. Den Zwangsdienst, die Vernichtung von Arbeitsplätzen und die Einplanung in den Kriegsdienst wollten die Zivildienstleistenden nicht länger hinnehmen. „Dazu diente der Streik- und Aktionstag am 1. Juni, und dazu diente auch meine Teilnahme daran“, hat die Selbstorganisation jetzt in einem Vordruck formuliert, mit dem die gemaßregelten Streikteilnehmer eine Entscheidung des Bundesdisziplinargerichts beantragen können.
Zwar besteht nur eine geringe Aussicht, daß die 50-Mark -Bußgeldbescheide dort abgemildert werden, „aber der Hauptgrund für die Anrufung des Disziplinargerichts ist, die Verwaltungsbürokratie zu überlasten und das Bundesamt für den Zivildienst durch den Streß, den die dann haben, ordentlich zur Kasse zu bitten“.
Bereits bei den Streiks der Zivildienstleistenden gegen ihre Beteiligung an den „Wintex-Cimex„-Manövern 1983 und '86 hatte es Bußgelder gegeben. Damals lagen sie - regional unterschiedlich - zwischen 40 und 80 Mark. Das Bundesdisziplinargericht hatte einige davon für unrechtmäßig erklärt, weil kein Grund für die unterschiedliche Höhe erkennbar war. Vor einer Wiederholung dieser Panne möchte sich das Kölner Bundesamt nun offensichtlich durch die einheitlichen Vordrucke schützen.
Die Zivildienstleistenden hätten die Möglichkeit gehabt, einzeln oder auch kollektiv (durch gemeinsame Kundgebungen, Resolutionen und gemeinsame Veranstaltungen) „außerhalb der Dienstzeit Ihre Meinung zu äußern und damit die öffentliche Meinung zu beeinflussen“, belehrte das Bundesamt in seinen vorgedruckten Disziplinarverfügungen die streikenden Zivis. Doch die hatten bereits an ihrem Streiktag im Juni die Antwort gerufen: „Wir wollen nicht die sozialen Kasper sein, dann nennt uns schon lieber Drückeberger!“
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