„Spielerisches Moment“

TED, die elektronische Noelle-Neumann, und die Flugstreichungen / Sind wirklich 78 Prozent dagegen? / Sinn und Unsinn unrepräsentativer Umfragen  ■ I N T E R V I E W

Seit letzten Samstag müssen wir uns fragen, wieso über Berlin überhaupt noch Flieger landen. Denn eine SFB-Umfrage ergab: 78 Prozent der Berliner sind für die Flugstreichungen. Eine große radikale Mehrheit, die aber eigenartiger Weise nur noch nicht zu Flak oder Stör-Ballons gegriffen hat? Das ist wohl nicht zu befürchten, denn die SFB-Umfrage lief über „TED“ und war damit, das haben die Funker im „Stadtradio“ auch gesagt, nicht repräsentativ. Unser Blatt verschwieg gestern auf Seite 1 diesen kleinen, aber feinen Fakt. Stadtradio-Redakteurin Angelika May über die TED-Umfragen.

taz: Eine starke Mehrheit für die Flugstreichungen, ebenso wie in einer früheren SFB-Umfrage für die Sperrung der Havelchaussee. Wohl kaum Volkes Stimme. Sind das nicht fragwürdige Umfragen?

Angelika May: Solche TED-Umfragen können gar nicht repräsentativ sein, das ist für uns nur ein Meinungsbild. Da greift sicher nicht das gesamte Spektrum der Hörerschaft zum Telefon. Ein bißchen fragwürdig sicher, denn man kann ja nur ganz simple Sachen fragen, für oder gegen.

Wie funktioniert „TED“ denn?

Bei der Post werden zwei Anwahlmöglichkeiten geschaltet. Das wird auf Diskette gespeichert, die Zahl der Anrufe ist während der ganzen Sendung abrufbar. Somit ist für uns auch abzulesen, wie die Hörer auf bestimmte Beiträge reagieren, ob das Interesse steigt oder erlahmt. Das ist auch für uns spannend.

Ist „TED“ nicht eine Entwertung der journalistischen Form „Umfrage“?

Nein, wir wollten einfach auch mal die andere Seite zu Wort kommen lassen. Bei der Flugstreichung da haben sich Parteien und Verbände reichlich geäußert. Aber die Betroffenen, ob Verbraucher oder Lärmgeschädigte, die können sich erst einmal nicht artikulieren.

Und die Mehrfachanrufer mit Wahlwiederholungsschalter?

Wer drückt schon 100mal die Wahltaste, das ist ja auch 'ne Kostenfrage. Fragwürdig ist das schon, aber „TED“ hat eben auch ein spielerisches Moment. Das ist doch spannend, so ganz einfach per Wählscheibe die Meinung zu sagen und dann zu verfolgen, wie das ausgeht.

Interview: kotte