Apartheid-Chef Botha vorm endgültigen Aus

Krise zwischen Noch-Präsident P.W.Botha und designiertem Nachfolger De Klerk gelöst / Beobachter rechneten gestern mit Rücktritt des im Frühjahr nach einem Schlaganfall schon vom Parteivorsitz zurückgetretenen Botha / Opposition spekuliert auf Gewinne  ■  Aus Johannesburg Hans Brandt

Die Chancen für Präsident Pieter W. Botha, noch bis zu den weißen Wahlen am 6.September auch Präsident zu bleiben, standen gestern abend sehr schlecht. In einer Fernsehansprache, die um 20 Uhr ausgestrahlt werden sollte, wollte sich Botha zu seinem Streit mit dem Chef der regierenden Nationalen Partei (NP), Frederick De Klerk, äußern. Beobachter rechneten damit, daß Botha seinen Rücktritt bekanntgeben würde. Wahrscheinlich wird De Klerk heute zum amtierenden Staatspräsidenten ernannt werden.

Der seit Februar schwelende Konflikt zwischen Botha und De Klerk wuchs am Donnerstag vergangener Woche zu einer Krise aus. De Klerk ließ durch Außenminister Roelof „Pik“ Botha ankündigen, daß er am 28.August mit Kenneth Kaunda, dem Präsidenten von Samibia, zusammentreffen werde. Botha telefonierte daraufhin sofort mit dem Außenminister und drohte in seiner Wut angeblich, „Pik“ Botha zu entlassen. Am nächsten Tag ließ P.W.Botha öffentlich erklären, daß er als Regierungschef nicht offiziell von dem Treffen informiert worden sei. Daraufhin rief De Klerk seine Kabinettskollegen am Samstag zu einer dringenden Sitzung zusammen. Danach wurde deutlich, daß Partei und Kabinett geschlossen hinter De Klerk standen. Botha orderte seinerseits die Minister zu einer Notsitzung des Kabinetts zu sich nach Kapstadt. Doch bei der gestrigen Kabinettssitzung konnte er sich offenbar nicht durchsetzen.

De Klerk wurde im Februar zu Bothas Nachfolger ernannt und als Führer der NP gewählt, nachdem der seit 40 Jahren die Politik seines Landes bestimmende Botha im Januar einen Schlaganfall erlitten und daraufhin überraschend seinen Rücktritt vom Parteiamt angekündigt hatte. Er wollte jedoch einen anderen Nachfolger als De Klerk, dem er bis heute nicht zu dessen Wahl gratuliert hat.

Das Gespräch De Klerks mit dem Vorsitzenden der Frontstaaten, Sambias Präsident Kaunda, geht Botha besonders gegen den Strich. Schließlich ist er besonders stolz auf Südafrikas neue Kontakte zu den schwarzafrikanischen Nachbarn, die er initiiert hat. Kaunda will De Klerk noch vor den Wahlen treffen, da er dann offizell nur mit dem südafrikanischen Erziehungsminister und nicht dem Regierungschef des Apartheidstaates sprechen wird. Damit werden diplomatische Bedeutung und protokollarischer Aufwand des Treffens reduziert. Andererseits könnte dieses Treffen zu einem Gipfel der Frontstaaten mit Südafrika führen, das erste Verhandlungen über die Zukunft Südafrikas vorbeiten könnte.

Die Krise in der NP kommt nur drei Wochen vor der Parlamentswahl, von der die schwarze Bevölkerungsmehrheit ausgeschlossen ist. Die liberale Demokratische Partei (DP) und die ultrarechte Konservative Partei (CP) erhoffen sich davon neue Stimmengewinne, was alle Umfragen bestätigen. Die CP sprach von einer „Palastrevolte“, die DP warf der Regierung vor, die Interessen des Landes zu vergessen. Kommentar auf Seite 8