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Hamburger Tagesschau bald wieder bestreikt?

Norddeutscher Rundfunk vor neuer Tarifrunde / IG Medien will außer der 38,5-Stunden-Woche auch eine neue Vergütungsverordnung durchsetzen / Die Rundfunk-Gewerkschafter zeigen sich zuversichtlich: „Reicher Erfahrungsschatz“ in Sachen Arbeitskampf  ■  Von Axel Kintzinger

Hamburg (taz) - Hörfunk- und Fernsehprogramme des Norddeutschen Rundfunks (NDR) werden eventuell wieder bestreikt. Mit dieser Aussage unterstrich die IG Medien gestern in Hamburg ihre Forderung nach einer neuen Vergütungsordnung für die fest und frei Beschäftigten der öffenlich-rechtlichen Rundfunkanstalt.

Bei den letztjährigen Tarifauseinandersetzungen war es zu einer spektakulären Aktion gekommen: Die Fernsehinstitution Tagesschau fiel an einem Abend aus, verspätet wurde Ersatz aus München eingespielt. Die nächste Verhandlungsrunde wird am 24.August stattfinden. Neben der umstrittenen Vergütungsordnung - die 15 Jahre alte Regelung war zum Jahresende '88 von der IG Medien gekündigt worden geht es dabei auch um die Umsetzung der im letzten Jahr erkämpften 38,5-Stunden-Woche und die Honorare von freien Mitarbeitern.

Die bestehende Vergütungsordnung werde den veränderten Anforderungen beim NDR nicht mehr gerecht, erklärten der norddeutsche IG-Medien-Chef Uwe Körner und Friedhlem Klinkhammer, Gesamtpersonalratsvorsitzender des NDR. So müßten Ingenieure heute eine höhere Qualifikation mitbringen, würden aber noch unter denselben Tarifbedingungen eingestellt. Ein Hochschulabsolvent fange in diesem Bereich mit 3.326 Mark an - in der freien Wirtschaft gäbe es für Ingenieure sehr viel höhere Gehälter.

Den NDR plagten bereits Nachwuchsprobleme, berichtete Bräutigam und schlug vor, bei welchen Gehältern gespart werden könne: etwa bei neu anfangenden Sekretärinnen, die derzeit, frisch von der Handelsschule kommend, mit rund 2.700 Mark einsteigen. (Probiert's lieber mal mit Einheitslohn. die k.) Und: Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren habe sich die finanzielle Situation des Senders verbessert. In Niedersachsen steigt der NDR sogar in den Privatfunk ein. Die Fernsehgesellschaft TVN des hannoverschen Madsack-Verlages, bei der die Regionalprogramme von RTL plus und SAT 1 produziert werden, hat im Frühsommer 30 Prozent der Anteile an die „Studio Hamburg GmbH“ verkauft - und an der ist auch der NDR beteiligt.

Daß der NDR auch „Geld zum Fenster hinauswirft“, versuchte Klinkhammer mit einem anderen Beispiel zu belegen. So bekommt ein seit etwa 25 Jahre als freier Mitarbeiter beschäftigter Journalist im NDR-Funkhaus Hannover täglich 500 bis 600 Mark - ohne zu arbeiten. Das in Niedersachsen bekannte „Rundfunk-Fossil“ Giselher Schar hatte sich im vergangenen Jahr wegen einer Programmreform mit der Funkhausleitung überworfen und wird nicht mehr beschäftigt. Da er nach all den Jahren quasi unkündbar ist, werde ihm die unfreiwillige Arbeitslosigkeit mit dieser Summe versüßt.

In Sachen Arbeitszeit hatte der NDR eine tägliche Verkürzung um 18 Minuten vorgeschlagen. Die IG Medien lehnen dies ab und fordern, die wöchentlichen anderthalb Stunden am Stück zu gewähren oder zu bündeln, um sie später in freie Tage umzusetzen.

Wegen der als starr empfundenen Haltung des NDR bereitet man sich schon jetzt auf Streiks vor. Sie sollen noch effektiver werden als im letzten Jahr: „Auch wir haben dazu gelernt“, schmunzelte Bräutigam, in Sachen Streik verfüge man beim NDR jetzt über „einen reichen Erfahrungsschatz“.

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