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Späte Nachwirkung

■ Das Skandalphysikum der Mediziner macht auch nach einem Jahr noch Probleme / Keine Prüfungszulassung

„Skandalphysikum - den Namen höre ich gar nicht gerne“, erklärt Petra-Maria Mayer, Leiterin des Landesprüfungsamt für Gesundheitsberufe Berlin. Es habe gewisse Unregelmäßigkeiten gegeben, aber bewiesen sei bislang noch überhaupt nichts. Als Opfer dieser immerhin ein Jahr zurückliegenden sogenannten Unregelmäßigkeiten fühlen sich einige FU-MedizinstudentInnen. Sie protestierten bei Gesundheitssenatorin Ingrid Stahmer, daß ihnen nun auch noch aufgrund formaler Bestimmungen die Zulassung zum ersten medizinischen Staatsexamen verweigert wird.

Hintergrund für die Beschwerde ist eine Panne bei der bundesweit parallel stattfindenden ärztlichen Vorprüfung, kurz Physikum, im Frühjahr 1988. Dabei sollen an einem Prüfungsort versehentlich die Fragebögen des zweiten Prüfungstages am ersten Tag verteilt worden seien. Dadurch, so argumentierten viele MedizinstudentInnen nachher, hätten einige KommilitonInnen möglicherweise einen Wissensvorsprung gehabt. Das Physikum sei dadurch insgesamt zu gut ausgefallen, beziehungsweise einige StudentInnen wegen der deshalb zu guten Durchschnittsnoten durchgefallen. Die Panne wurde zwar offiziell nie eingestanden, die betroffenen StudentInnen erhielten jedoch die Möglichkeit, das Physikum ein viertes Mal zu wiederholen - normalerweise sind nur drei Wiederholungsversuche möglich. Außerdem wurde den StudentInnen eingeräumt, Kurse, die sie eigentlich erst nach Bestehen des Physikums hätten machen dürfen, vorzuziehen.

Obwohl sie alle erforderlichen Scheine beisammen hatten, wurden einige FU-StudentInnen nun vom Landesprüfungsamt nicht zum ersten Staatsexamen zugelassen. Begründung: zwischen Physikum und Staatsexamen müsse ein Jahr Studienzeit liegen. Ob die StudentInnen nun doch noch an der in drei Wochen anstehenden Prüfung teilnehmen können, wird das Verwaltungsgericht entscheiden. Ein Student hat eine einstweilige Verfügung beantragt.

-guth

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