Vom Sicherheitsfanatiker zum Administrator der Apartheid

Der abtretende Pieter Willem Botha und sein Nachfolger Frederick Willem de Klerk vertreten gegensätzliche Traditionen der Nationalen Partei  ■ D O P P E L P O R T R A I T

„Das große Krokodil“ ist endgültig abgetaucht. Pieter Willem Botha hat allerdings bis zuletzt die Qualitäten gezeigt, die ihm einst diesen Spitznamen einbrachten. Er war ein politischer Kämpfer, der es vertand, aus dem Hinterhalt überraschend und ohne Zugeständnisse über seine Gegner herzufallen. Sein explosives Temperament war berüchtigt, vor seiner Wut kuschten die mächtigsten Männer in der Nationalen Partei (NP). Noch in seiner Rücktrittsansprache griff Botha seinen Nachfolger Frederick Willem de Klerk an und versuchte, die Fernsehzuschauer mit grimmigen Blicken einzuschüchtern.

De Klerk dagegen hat ein ganz anderes Temperament. Das zeigte sich letztlich in der seit Februar andauernden Fehde mit Botha. Statt eigenmächtig vorzupreschen und Botha den Garaus zu machen, hat de Klerk Schritt für Schritt seine Unterstützung in der Partei konsolidiert. Dabei ist er eher behutsam mit Botha umgegangen und hat dem Präsidenten wiederholt die Möglichkeit zu einem würdigen Abgang gegeben. Als es dann aber letzte Woche zur endgültigen Krise kam, hat de Klerk sich mit Nachdruck durchgesetzt.

Sowohl Botha als auch de Klerk stammen aus traditionell burischen Familien, die schon immer in der Politik aktiv waren. Der 1916 als Sohn eines Farmers geborene Botha hat sein ganzes Leben der Nationalen Partei (NP) gewidmet. Mit 20 gab er 1936 das gerade begonnene Jurastudium auf, um als Angestellter der NP an der Parteibasis in der Kapprovinz zu arbeiten.

Er wurde bekannt als guter Organisator, der auch nicht davor zurückschreckte, die Versammlungen von Opponenten mit Hilfe junger NP-Sympathisanten massiv zu stören. Botha machte schnell Karriere. 1941 wurde er stellvertretender NP -Sekretär in der Kapprovinz. 1948, als die NP in Südafrika an die Macht kam, wurde auch Botha ins Parlament gewählt. Das politische Handwerk dagen hatte er schon in der Zeit erlernt, als die NP in der Opposition war und um die Macht kämpfen mußte (1936-48).

De Klerk dagegen ist Städter. Er kam 1936, als Botha schon seine Parteiarbeit begann, in Johannesburg auf die Welt. Sein Urgroßvater war Senator, sein Vater in den späten fünfziger Jahren Senator und Minister. De Klerk selbst gehörte schon früh dem „Jugendbund“, der Jugendorganisation der NP, an. Sein Leben ging den geordneten Gang der gebildeten burischen Mittelklasse. Er beendete 1958 an der „Potchefstroom-Universität für christliche Bildung“ sein Jurastudium cum laude. Dort war er auch Mitglied des „Burischen Studentenbundes“ und der Studentenvertretung.

De Klerk hat die NP nur als Regierungspartei gekannt. Seine ständige Arbeit in der Partei, als Schüler, Student und später als Rechtsanwalt, gründete sich auf die Sicherheit, daß nichts und niemand an der Macht der NP rütteln konnte. Der rabiate, gnadenlose Kampf eines Botha ist ihm unbekannt. Statt dessen ist er Meister der parteiinternen Lobbypolitik und Taktiererei.

Das spiegelt sich auch in den unterschiedlichen Fraktionen wieder, die Botha oder de Klerk nahestehen. Botha, der von 1966 bis 1980 Verteidigungsminister war, hatte bis zuletzt enge Beziehungen zum Sicherheitsapparat. Seit er 1978 Regierungschef wurde, konzentrierte sich seine Politik auf die Abwehrung des angeblichen „totalen Angriffs“, den Kommunisten gegen Südafrika planten. Botha entmachtete Parlament und Kabinett immer mehr, während der Staatssicherheitsrat, in dem auch führende Militärs und Polizisten vertreten sind, zum entscheidenden Gremium wurde.

De Klerk, der 1972 erstmals ins Parlament gewählt wurde, hat dagegen eher verwaltungsintensive Ministerien geleitet, seit er 1978 zum ersten Mal Minister (für das Postwesen) wurde. Er hat sich um Wohlfahrt, Sport, Bergbau und Energie gekümmert und war auch mal Innenminister.

Seine Machtbasis lag nicht etwa im Kabinett, sondern immer in der Partei. Als die heutige Konservative Partei (CP) sich 1982 von der NP abspaltete, konnte de Klerk den Posten des jetzigen CP-Chefs Andries Treurnicht als NP-Führer in der größten Provinz Transvaal übernehmen. Auf ähnliche Weise wurde de Klerk im Februar dieses Jahres landesweiter Führer der NP. Erst im dritten Wahlgang allerdings konnte er sich, offenbar als Kompromißkandidat, gegen Finanzminister Barend du Plessis durchsetzen.

Unklar bleibt nach wie vor, ob de Klerk als konservativer oder als reformistischer Politiker einzuschätzen ist. Bisher galt er als Führer des rechten Flügels der Regierung. Doch seit seiner Wahl zum Parteiführer sind seine Reden zunehmend reformistisch. „Wir wollen ein Südafrika ohne Diskriminierung“, ist eine seiner typischen Aussagen.

Dennoch betont er nach wie vor die Bedeutung von nach Rassen getrennten „Gruppen“ als Grundlage einer politischen Lösung in Südafrika. Hoffnungsvoll ist jedenfalls, daß der Einfluß des Sicherheitsapparats in einer Regierung de Klerk reduziert sein wird. Dafür wird die Parteibasis wieder mehr zu sagen haben. Zu große Hoffnungen für schnelle Veränderungen sollte sich dennoch niemand machen.