Blaue Dächer - grünes Wunder

■ Mit dem Megawatt-Projekt soll Berlin „Solarstadt Europas“ werden / Veba-Kredit rückt Solarprojekt in greifbare Nähe / Geplant: 50 bis 100 Solaranlagen in Berlin

Der Ingenieur hat eine Vision: „Eines Tages“, hofft Andreas Brockmüller, „sind die Dächer in Berlin überall blau.“ Die Chancen, daß Brockmüllers Traum Wahrheit wird, sind jetzt stark gestiegen. Den Millionenkredit, den Veba-Chef Bennigsen-Foerder dem Senat in Aussicht gestellt hat, will Umweltsenatorin Schreyer vor allem in ein „Megawatt-Projekt“ stecken, das Brockmüllers Firma „Energieplan“ entwickelt hat.

Auf 50 bis 100 Gebäuden will „Energieplan“ das Dach mit bläulich spiegelnden - Solarzellen pflastern. Brockmüller ist sich sicher: „Wenn dieses Projekt läuft, wird Berlin die Solarstadt Europas. Dann kann die Stadt sich was ans Revers stecken.“

Eine Gesamtleistung von einem Megawatt ist das Ziel - daher der Name. Für die verschiedensten Einrichtungen und Gewerbezweige wollen die Solarstromer die passende Solaranlage entwickeln. Jetzt schon ist klar, daß eine Brotfabrik mit Sonnenstrom wenig anfangen kann. Ganz anders dagegen sieht es mit Büros aus, die gerade zu Tageszeiten die Kraft aus der Dose zapfen, in denen die Sonne scheint: Tagsüber können Solaranlagen durchaus einen Großteil des Stromverbrauchs abdecken. Brockmüller will mit dem Megawatt -Projekt „möglichst systematisch alle Nutzungsmöglichkeiten abrastern“. Am Ende hofft er ein Kompendium herausgeben zu können, in dem jeder Interessent nachschlagen und seine Musteranlage finden kann.

Im Juni hatte das Abgeordnetenhaus 342.000Mark bewilligt, um die Voruntersuchungen für das Projekt zu finanzieren. Jetzt, mit dem Veba-Kredit, sind auch die 43 Millionen Mark in greifbare Nähe gerückt, die für das gesamte, auf fünf Jahre befristete Modellprojekt veranschlagt werden. Erfahrungen mit dem Sonnenstrom kann Brockmüller bereits vorweisen: Seine Firma installierte in einem Wohnblock in der Oranienstraße eine 20-Kilowatt-Solarzellenanlage. Zum Jahresende soll sie betriebsbereit sein.

Beteiligt an dem Projekt war die „Bölkow-Systemtechnik“, ein Unternehmen des MBB-Teilhabers Ludwig Bölkow. Starkes Interesse für das „Megawatt-Projekt“ hatte schon Ex -Wirtschaftssenator Pieroth (CDU) gezeigt. Allein das sollte jene zum Verstummen bringen, die immer noch glauben, Solarstrom sei ein rein tropisches Vergnügen, in Berlin dagegen nur ein Mediengag. Sobald in Deutschland pro Jahr Solarzellen mit einer Gesamtleistung von 30Megawatt hergestellt würden, rechnet Brockmüller vor, wäre Solarstrom auch in unseren Breiten konkurrenzfähig. Dank Serienproduktion wären die Sonnenzellen nämlich billig genug, um mit den „Gestehungskosten“ mithalten zu können, die beim tagsüber in Kraftwerken erzeugten Spitzenlaststrom anfallen.

Zur Zeit erreicht die deutsche Jahresproduktion müde 200 Kilowatt - aber, versichert Brockmüller, „die Tendenz geht steil nach oben“. Jetzt muß die öffentliche Hand noch die Nachfrage stimulieren. Doch am Horizont sieht Brockmüller schon „ein grünes Wirtschaftswunder“.

hmt