Kein Fall? Kein Mord? Kein Totschlag?

■ Pulaski - eine neue Krimiserie auf RTL plus

Neue Krimiserie: Das verhieß bisher selten etwas Gutes. Tag für Tag jagen dort Sechs-Millionen-Dollar-Männer, Sieben-Millionen-Dollar-Frauen oder artverwandte blonde Edelleute in hochfrisierten Opel-GT-Imitationen hinter dem Abschaum der Menschheit her. Eine knappe Stunde, dann sind die Bösewichte zur Strecke oder wieder auf den rechten Weg gebracht, unser Held klopft sich den Staub aus dem Anzug und versucht sich schlußendlich gerne einmal an einem Scherze. Ist der Held eine Heldin, gibt's was zum Finale, statt Humor meist lieber Komplimente. Am nächsten Tag da capo. Wir können solches natürlich mit Fug und Recht Stumpf- oder Schwachsinn, Volksverdummung oder einfach blöde schimpfen, in Branchenkreisen aber gilt es als gängiges Erfolgsrezept. Die permanente Unterforderung des Publikums scheint eben jenes wie magnetisch vor dem Bildschirm zu halten, gar zu unterhalten womöglich.

Aber allen Unkenrufen, schlimmen Vorahnungen und bösen Erwartungen zum Trotz ist Pulaski anders, geradezu verblüffend anders, das muß man dem Streifen einfach lassen. Drehbuch und Regie scheinen immer genau das Gegenteil dessen zu tun, was der serienerprobte Zuschauer ihrerseits erwartet. Das könnte ja vielleicht amüsant sein, mag man vermuten, ist es aber nicht. Am Ende ist die Verwirrung groß und alle Klarheit beseitigt. Dabei verspricht das Intro zunächst noch einen weiteren Aufguß altvertrauter Zutaten des Krimigenres: eine Autoverfolgung durch die Endzeitlandschaften stillgelegter Industrieanlagen, Schüsse, quietschende Reifen, Showdown auf dem Schrottplatz: Pulaski entsteigt seinem Wohnmobil, zwei, drei Kunsttritte in Richtung Verfolgerschaft, und die feige Bande liegt komplett im Staube. Noch fragt man sich, wie solch rasanter Auftakt in eine Story münden wird, da stolpert ganz unvermittelt ein Regisseur ins Bild. Wie? Jawohl, alles, bloß Fernsehen, nichts als Schau.

Pulaski ist keine Detektivstory, sondern eine über den Fernsehstar Larry Summers, hauptberuflich Pulaski -Darsteller, ansonsten Alkoholiker. Die Serie in der Serie also. Das Geschehen taumelt unterdessen ständig und unversehens von einer in die andere, und Larry taumelt mit. Um die Verwirrung auf die Spitze zu treiben, beschließt er, nun auch im richtigen Leben als Pulaski-Imitator sein Glück zu versuchen. Der Betrachter vor dem Bildschirm, ratlos. Ist Larry gerade nun Larry oder vielleicht doch eher Pulaski oder gar Larry als Pulaski-Imitator? Die Realitäten flimmern, die Identitäten bersten. Ist das vielleicht schon Philosophie? Agonie des Realen? Postmoderne für Arme? Fragen, die den passionierten Krimifan wohl eher kalt lassen. Der wird statt dessen denken: Kein Fall? Kein Mord? Kein Totschlag? Ach ja, der Fall. Kein Krimi ohne einen solchen, möchte man doch meinen. Bei Pulaski aber ist dieser zu einem schnöden, uninspiriert zusammengestümperten Beiwerk degeneriert, der kaum den Etikettenschwindel zu bemänteln vermag.

Glaubt man dem Presseinfo, war die von der BBC produzierte Serie in England trotz allem ein „Publikumsrenner“ rätselhafte Briten. Wer verkabelt ist und diesem Phänomen auf den Grund gehen will, kann das in den nächsten Wochen versuchen, jeden Donnerstag um 19 Uhr 20 auf RTL plus.

Marcel Hartges