Noch eine Atomruine

Ausstieg auf leisen Sohlen  ■ K O M M E N T A R E

Der teure Friedhof der deutschen Atomlobby ist mit der nun endgültigen Stillegung des THTR um ein weiteres Milliardengrab angereichert worden. Nach der WAA und dem schon längst toten, wenn auch noch nicht verscharrten, Schnellen Brüter in Kalkar, traf es nun den einstigen „Lieblingsreaktor“ der Düsseldorfer Sozis. Letztlich sollte mit dieser über Jahre hinweg immer wieder als „zukunftsträchtig“ hochgelobten Technologie die Kohleveredlung ermöglicht und damit der Bergbau an Rhein und Ruhr gesichert werden. Kaum ein Jahr nach Aufnahme des Probebetriebes hat der THTR seine Zukunft schon hinter sich. Auch Riesenhuber wird daran nichts mehr ändern können. Ausgerechnet die Düsseldorfer Sozialdemokraten, denen bundesweit der Geruch einer etwas zurückgebliebenen sozialdemokratischen Traditionalistentruppe anhaftet, sind es, die die erste Stillegung eine Atomkraftwerkes durchsetzen.

Sicher, der THTR ist auch technisch gescheitert, aber wenn Riesenhubers Parteifreunde auch in Düsseldorf regierten, hinge der mit einem TÜV-Persilschein ausgestattete Reaktor wohl wieder am Netz. Daß die Stillegung jetzt sogar im Einvernehmen mit den Betreibern erfolgt, hat mehr mit dem Rau'schen Politikkonzept, denn mit dem Technikversagen zu tun.

Typisch, daß sich die Regierung - wie schon beim Schnellen Brüter - nie auf den Ausstiegsbeschluß der Partei beruft. Es wird immer nur „nach Recht und Gesetz geprüft“, nie politisch argumentiert. So erscheint der von Rau angestrebte „energiepolitische Konsens jenseits der Kernenergie“ als der einzig gangbare Weg, der mit Politik gar nichts zu tun hat.

Diese Politik auf leisen Sohlen, die beim Brüter hinter den Regierungskulissen eiskalt geplant wird, kam beim THTR bedingt durch nicht erwartete Pannen - nun schneller zum Zug, als die Regierungsplaner gehofft hatten. Eine endgültige Genehmigung hätte der Reaktor aber in jedem Fall nie bekommen. Möglicherweise können selbst die „fortschrittlichen“ Sozialdemokraten im Norden der Republik, die sich u.a. mit Brokdorf herumschlagen, bei den „Traditionalisten“ in Düsseldorf noch was lernen?

Walter Jakobs