Der THTR wird begraben - endgültig!

Rau-Kabinett: „Der Thorium-Hochtemperaturreaktor geht nicht wieder ans Netz“ / Eitel Einigkeit mit den Betreibern / Riesenhuber protestiert / „Feuerwehrfonds“ zur Abwendung des Konkurses gefordert / „Einschluß“ kostet etwa 500 Mio. / NRW-Schlingerkurs beendet  ■  Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Der Hochtemperaturreaktor in Hamm-Uentrop geht nicht wieder ans Netz. Der weltweit erste Prototyp dieser Hochtemperaturreaktor-Linie soll nach einem Beschluß der nordrhein-westfälischen Landesregierung endgültig stillgelegt, sicher eingeschlossen und später abgerissen werden. Die Verhandlungen um den Auslaufbetrieb seien „gescheitert“, sagte gestern Wolfgang Clement, Chef der Düsseldorfer Staatskanzlei.

Um den seit Monaten drohenden Konkurs der Betreibergesellschaft HKG zu vermeiden, fordert die Düsseldorfer Landesregierung die sofortige Einrichtung eines „Feuerwehrfonds“, der die endgültige Stillegung finanzieren soll. Daran müsse sich die „deutsche Stromwirtschaft als Ganzes“ beteiligen. Die Kosten für den „sicheren Einschluß“ des einstigen Lieblingsprojektes der Düsseldorfer Landesregierung bezifferte Clement auf etwa 500 Millionen Mark. Wie dieser Betrag aufgeteilt wird, steht dahin. Angesichts der prekären Finanzlage der HKG müsse darüber „binnen 2 bis 3 Wochen“ entschieden werden, so Clement. Eine Drittelung der Kosten zwischen Bund, Land und Betreibern plus Stromwirtschaft hält der Staatssekretär für akzeptabel. Insgesamt hat der THTR bisher über vier Milliarden Mark verschlungen.

Nach Darstellung von Clement unterstützen inzwischen sämtliche am THTR beteiligten Gesellschafter „eine geordnete Beendigung des Projektes ohne Wiederanfahren der Anlage“. In den Gesprächen mit dem Bund sei darüber hinaus „deutlich geworden“, daß auch Bundesforschungsminister Riesenhuber nicht mehr an eine „Stillegung mit Auslaufbetrieb“ geglaubt habe.

Dieser „Eindruck“ der Düsseldorfer Landesregierung war aber offenbar falsch, denn am Dienstag dieser Woche meldete sich der im Urlaub weilende Bundesforschungsminister per Fernschreiber bei Rau und plädierte noch einmal für den zweijährigen Auslaufbetrieb. Noch im Mai hatte auch die Düsseldorfer Landesregierung diesem Konzept zugestimmt, nachdem sie zuvor im April der sofortigen Fortsetzung auf Seite 2

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Stillegung den „Vorzug“ gegeben

hatte.

Als wenig später dann die Betreiber selbst eine sofortige Stillegung favorisierten - weil sie neue Störfälle und Kosten während des Auslaufbetriebes befürchteten -, beharrte die Landesregierung plötzlich im Verein mit Riesenhuber auf den zweijährigen Auslaufbetrieb und stiftete mit diesem Zickzackkurs bis weit in die eigenen Reihen hinein totale Verwirrung. Ministerpräsident Rau begründete den Schlingerkurs vor Parteigremien mit der Angst vor Schadensersatzansprüchen und der Uneinigkeit der THTR -Gesellschafter, die man zunächst nicht alle für eine sofortige Stillegung hätte gewinnen können.

Noch am Freitag letzter Woche traf sich der Vorstandsvorsitzende der „Vereinigten Elektrizitätswerke“ (VEW) in Dortmund, Klaus Knizia, mit Vertretern der Landesregierung. Dabei hat sich laut Clement gezeigt, daß der VEW-Chef als wichtigster Gesellschafter des THTR den jetzigen Beschluß der Landesregie

rung zur sofortigen Stillegung „für richtig hält und den Konkurs verhindern will“.

Die Landesregierung habe den THTR von Anfang an unterstützt und bekenne sich zu ihrer „Mitverantwortung“ für die nunmehr „unabweisbar gewordene schnelle und ordnungsgemäße Abwicklung“ der Stillegung. Gleichzeitig müsse aber auch die deutsche Stromwirtschaft ein „überragendes Interesse daran haben, daß ein solches energiewirtschaftliches Großvorhaben“ geordnet abgewickelt und ein Konkurs der Betreibergesellschaft vermieden werde. Die Diskussion um den THTR habe über den Einzelfall hinaus auf „dramatische Weise“ deutlich gemacht, daß das Atomgesetz die Stillegung von Atomanlagen nur „unzureichend“ regle.