Heß-Grab wird zur Wallfahrtstätte

■ Am zweiten Todestag des Hitlerstellvertreters strömen bundesweit die Rechten nach Wunsiedel / Neonazis planen Aufmarsch / Heute und morgen antifaschistische Protestkundgebungen

Wunsiedel (taz) - Die Grabstätte von Rudolf Heß, dem Stellvertreter Adolf Hitlers, sorgt seit zwei Jahren in der 11.000-Einwohner-Gemeinde Wunsiedel für Unruhe. Zum zweiten Todestag des verurteilten Kriegsverbrechers präsentierte sich das Grab gestern mit entsprechend viel Blumenschmuck.

Gedenkkränze aus Spanien und den Niederlanden, aber auch von der NPD zierten das Familiengrab.

Der Friedhof zog gestern viele und alte Rechtsextremisten aus dem ganzen Bundesgebiet an. Sie wurden argwöhnisch von der Polizei beäugt, die erst am Sonnabend mit Ausschreitungen rechnet, wenn militante Neonazis ihre Ankündigung eines Aufmarsches in Wunsiedel (Fichtelgebirge) wahrmachen. Genehmigt ist eine Neonazi-Kundgebung am Samstag von 16 bis 19 Uhr. Ein Verbot des Landratsamtes Wunsiedel wurde vom Verwaltungsgericht Bayreuth Anfang des Monats aufgehoben.

Dementsprechend groß mobilisieren Kühnen-Vertrauter Berthold Dinter (Ex-NPD, jetzt „Hilfsgemeinschaft nationaler Gefangener“) aus Rheda-Wiedenbrück sowie Christian Worch von der „Nationalen Liste“ in Hamburg nach Wunsiedel und bieten sogar Bus-Mitfahrgelegenheiten ins Fichtelgebirge an. Sie trafen sich schon Mitte Juli zu einem bundesweiten Vorbereitungstreffen in Wunsiedel.

Während die SPD heute um 17 Uhr auf dem Wunsiedeler Marktplatz zu einer Mahnveranstaltung mit dem bayerischen Landesvorsitzenden Rudolf Schöffberger aufruft, gibt es am morgigen Samstag ab 12.30 Uhr eine überregionale antifaschistische Demonstration in Wunsiedel (Treffpunkt Gymnasium). Aufrufer dazu sind unter anderem die Grünen, die Jusos, die DKP, die VVN/BdA und amnesty international.

Am Samstag abend sollte es ursprünglich ein Rock-gegen -rechts-Konzert in Wunsiedel geben. Dem veranstaltenden Antifa-Bündnis wurde am Mittwoch dieser Woche allerdings mitgeteilt, daß das Konzert in den angemieteten Räumen nicht stattfinden werde, da der Pächter der Gaststätte den Veranstaltern eine nichtautorisierte eigenmächtige Zusage gemacht habe. Ebenfalls aufgekündigt wurde im Antifa-Bündnis das landesweite Antifa-Treffen am Sonntag (11 Uhr). Dies wird nun doch noch in einer anderen Gaststätte Wunsiedels zustande kommen.

B.Ohne