Filz und Fett

■ Kultursenatorin Martiny und ihr Regal - eine geglückte Performance

Kaum ist SPD-Kultursenatorin Martiny dem Fettnapf entronnen, stürzt sie sich erneut mit Wonne hinein. Begab sich kürzlich ihre Pressesprecherin per Senatsbriefbogen auf Wohnungssuche, erfahren wir nun von dem Regal, das sich Martiny von den Handwerkern der Schaubühne ins verwinkelte Dachgeschoß einpassen ließ. Eins muß man der Senatorin lassen: Sie sorgt - ressortbewußt - für Unterhaltung.

Am Donnerstag hob Martiny - von sich aus - den Vorhang: Die Werkstätten der Schaubühne hatten der Senatorin Anfang Juli ein Regal gebaut, auf eine Rechnung bisher jedoch verzichtet. Martinys Staatssekretär Kirchner hatte die Sache angestoßen. Er hatte beim Technischen Direktor des Theaters nachgefragt, ob der nicht eine Firma wisse, die das Möbel zimmern könnte. Die Schaubühne übernahm die Arbeiten daraufhin gleich selbst - obgleich der Staatssekretär ausdrücklich darauf hingewiesen haben will, daß die Schaubühne das Regal keineswegs selbst bauen dürfe.

Der Staatssekretär schob gestern noch ein paar Kulissen, um den hölzernen Kulturträger ins rechte Licht zu rücken: Das Theater erledige öfters Lohnaufträge; das sei ganz normal, erläuterte er. Und daß bisher noch nichts in Rechnung gestellt wurde, das sei dem Urlaub des Werkstättenleiters des Theaters geschuldet. Nichts ungewöhnliches findet der Staatssekretär auch an dem erstaunlichen Umstand, daß die Senatorin Handwerker in ihre Wohnung ließ, ohne nach dem Namen der Firma und einem Kostenvoranschlag zu fragen. Kirchners Erklärung: Die persönliche Referentin von Martiny habe mit dem Technischen Direktor des Theaters den Handwerkertermin vereinbart und dieser habe verschwiegen, daß die Schaubühne selbst die Schreinerarbeit übernehmen wollte.

Uwe Lehmann-Brauns, der kulturpolitische Sprecher der CDU, warf Martiny gestern die „Ausnutzung eines öffentlichen Amtes“ vor. Daß ein merkwürdiger Ruch aufkommt, braucht Kirchner und Martiny in der Tat nicht zu verwundern. Schließlich nutzten sie ihre dienstlichen Kontakte für private Zwecke. Der Staatssekretär will das allerdings nicht begreifen. Mehr als einen neuen Akt im „Sommertheater“ will er in der Aufregung nicht erkennen. Auch Senatssprecher Kolhoff wollte das Regal gestern gleich wieder in die Schublade packen. Nichts könne er an diesem Vorgang erkennen, das einer „politischen Würdigung“ wert sei. Kolhoff und Kirchner haben offensichtlich recht: Die Kultursenatorin wurde bisher mit völlig falschen Maßstäben gemessen. Nicht als Kulturpolitikerin will Martiny in die Geschichte eingehen, sondern als Performance-Künstlerin. Mit bewährtem Rezept: Sie setzt auf Filz und Fett.

hmt