Brauthandel mit indischen Frauen

■ Kaufkräftige Araber holen sich billige indische Bräute / Verzweifelte Frauen begehen häufig Selbstmord

Tausende indische Frauen und Mädchen werden jährlich „exportiert“. Heiratswillige Männer aus den arabischen Golfstaaten begeben sich nach Indien auf Brautschau, um so eine kostspielige Heirat mit einer anspruchsvolleren Araberin zu umgehen.

Der Frauenhandel blüht. Die Folgen sind oft katastrophal: Viele der verhökerten Inderinnen begehen Selbstmord.

Entsetzen löste unlängst der Selbstmord einer 15jährigen Inderin in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) aus. Das Mädchen hatte sich aus Verzweiflung über ihre Ehe mit einem 70Jahre alten Araber mit Benzin übergossen und angezündet. Auch das Krankenhaus des Emirates Ras Al Khaimah konnte sie nicht mehr retten.

Für Staatsanwalt Hassan Abu Al Rugha ist dieser Fall die Konsequenz aus den unvermeidlichen Problemen, die Ehen wie diese mit sich bringen: „Unsere Aufzeichnungen zeigen, daß Scheidungen, unglückliche Familien und sogar Selbstmorde bei solchen Verbindungen nicht unüblich sind.“

Doch für die arabischen Männer und die indischen Eltern bringt der Handel offensichtlich Vorteile. Im Vergleich zu heimischen Frauen sind die Inderinnen billig und genügsam, und deren Eltern sind erleichtert, ihre Töchter ohne die in Indien übliche hohe finanzielle Belastung loszuwerden.

Während in arabischen Ländern das System des Brautpreises gilt, das heißt, der Mann muß an die Familie der Frau zahlen (da er ihre Arbeitskraft bekommt), gilt in Indien das Mitgiftsystem. Die Eltern der jungen Frau müssen mittlerweile Unsummen dafür hergeben, ihre Tochter „loszuwerden“.

Für nur 2.500US-Dollar ist eine indische Braut zu haben, deckte ein lokaler Funktionär auf. In diesem Betrag sind Flugpreis, Paß und Provision des Vermittlers schon inbegriffen.

Eine Heirat mit einer inländischen Frau kommt dagegen entscheidend teurer: Bis zu 150.000US-Dollar können dabei an Kosten entstehen, vor allem durch die anspruchsvollen Aussteuerforderungen der Brauteltern.

Frauen in den Golfstaaten sind außerdem an einen höheren Lebensstandard gewöhnt und erwarten Ferien im Ausland, gute Wohnungen und Autos, erklärt Ismael Fatima, Direktorin der Sozialzentren in Dubai.

Dazu kommt, daß arabische Frauen heute wesentlich besser ausgebildet sind als früher - zur Zweit-, Dritt- oder gar Viertfrau, wie im Islam erlaubt, geben sie sich oft nicht mehr her.

Ein Zentrum für den „Ankauf“ indischer Frauen und Mädchen ist die Hauptstadt der südindischen Provinz Andhra Pradesh, Hyderabad, die von zahlreichen armen Moslems bewohnt wird. Mittellose Eltern sind dort in vielen Fällen nicht imstande, die Mitgift für ihre Töchter aufzubringen und erliegen der Versuchung, die Geldangebote der „brautschauenden“ Araber anzunehmen. Diese bezahlen für ein Mädchen zwischen 66 und 1.000US-Dollar an dessen Eltern.

In der Zeitschrift 'India Today‘ wurden Schätzungen veröffentlicht, nach denen pro Jahr etwa 25.000 Ehen dieser Art allein in Hyderabad geschlossen werden.

Als „Kundenfänger“ fungieren in der Regel Einheimische, die über Arabischkenntnisse verfügen und für ihre Vermittlungstätigkeit fette Prämien kassieren. Sie sind auch für die Beschaffung von Pässen und Flugtickets zuständig, falls der Araber überhaupt wünscht, seine Frau mit nach Hause zu nehmen.

Denn oftmals betrachtet er sie nur als Prostituierte während seines Urlaubsaufenthaltes in Indien. Für solche Fälle setzen willfährige Priester gleichzeitig mit den Heiratsdokumenten auch die Scheidungspapiere auf.

Der Brauthandel blüht nach wie vor, obwohl von Seiten der ölexportierenden Staaten Saudi Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Kuwait, Katar, Bahrain und Oman Gegenmaßnahmen ergriffen wurden: Im Oman kann einem Staatsbürger, der eine Ausländerin heiratet, die Staatsbürgerschaft entzogen werden. Die Regierung Saudi Arabiens verweigert ausländischen Gattinnen ohne Zulassung aus dem Heimatland das Visum.

Schon 1985 hatte Saudi Arabien der indischen Regierung empfohlen, eine Heirat zwischen Saudis und Inderinnen nur mit ausdrücklicher schriftlicher Erlaubnis seiner Botschaft in Neu-Delhi zu genehmigen. Die saudische Regierung unterstützt sogar jene Bürger finanziell, die einheimische Frauen heiraten.

Kuwait zieht eine Pflichtabgabe von 3.500US-Dollar für jede „importierte“ Ehefrau in Betracht. Das Sozial- und Arbeitsministerium der VEA schlug vor, jenen Männern das Recht zur Heirat zu entziehen, die entweder bereits eine Ehefrau in ihrer Heimat haben oder vor weniger als einem Jahr geschieden wurden oder über 50Jahre alt sind.

Schon 1982 berichtete der Arbeitsminister des Landes von zahlreichen Beschwerden über Ehen zwischen etwa 60jährigen Arabern und minderjährigen indischen und pakistanischen Mädchen.

Die offiziellen Vertreter Indiens sind sich im klaren darüber, daß indische Mädchen und Frauen häufig im Ausland mißhandelt werden. Wenn der Altersunterschied zwischen den Ehegatten mehr als 15Jahre beträgt, muß eine spezielle Bewilligung für die Pässe vom Ministerium für auswärtige Angelegenheiten in Neu-Delhi erteilt werden.

Die Braut und ihre Eltern müssen eine beeidigte Erklärung unterschreiben. Derzufolge sind sie sich der spezifischen Probleme bewußt, die indische Mädchen bei einer Heirat mit Golf-Arabern erwarten. Für die nicht des Lesens und Schreibens kundigen „verkauften Bräute“ ist diese Erklärung jedoch von wenig Wert.

ips/Armina Jamal