Innensenator Pätzold zieht den Stecker

■ Energiesparprojekt von Innensenator Pätzold gekippt / Bausenator Nagel und Umweltsenatorin Schreyer wollten in den Bezirken 30 Energieberater einstellen

Still und leise, während alles auf den Millionenkredit der Bewag wartet, beerdigt der Senat ein eigenes, großes Energiesparprojekt. Die von SPD und AL seit Jahren geforderten Energieberater in den Bezirken wird es vorerst nicht geben. Innensenator Pätzold (SPD) lehnte jetzt ein Konzept für den Einsatz der Energiebeauftragten ab, das Bausenator Nagel (ebenfalls SPD) erarbeitet hatte. Den mit Umweltsenatorin Schreyer (AL-nah) verabredeten Plan, 1990 in einem ersten Schritt 30 Energieberater einzustellen, habe Pätzold „abschlägig“ beschieden, bestätigte gestern Nagels Staatssekretär Görler. Schreyers Referent Thomas Schwilling ist „empört“, daß der Vorschlag einfach so „weggewischt“ wurde. Er will jetzt bei Pätzold und beim Regierenden Bürgermeister Momper protestieren.

Pätzold rechtfertigt sich mit dem Hinweis auf die „Prioritäten“, die angesichts leerer Kassen gesetzt werden müßten. Schwilling findet das „kurzsichtig“. Energieberater könnten ihre Gehälter gleich mehrfach wieder hereinholen, indem sie für Energieeinsparungen sorgten; das zeigten Erfahrungen westdeutscher Städte. Im baden-württembergischen Ludwigsburg seien die Einsparungen fünfmal größer gewesen als die Lohnkosten.

Die Energieberater sollten, so stand es in Nagels Konzept, in allen öffentlichen Gebäuden den Energieverbrauch kontrollieren und ihn mit einfachen organisatorischen und technischen Mitteln drosseln. Oft wüßten die Bezirke nicht einmal genau, wieviele Gebäude sie verwalten und damit auch beheizen, klagt der Schreyer-Referent. Energieberatern würde sich da ein weites Betätigungsfeld eröffnen. Die Belegungspläne einer Schule könnten sie beispielsweise so mit dem Heizplan koordinieren, daß Räume nur dann beheizt werden, wenn sie auch benutzt werden. 30 Energiebeauftragte würden nach Schwillings Berechnung zwar 2,4 Millionen Mark im Jahr kosten, aber 60 bis 80 Millionen Mark jährlich einbringen. Der Einsatz von Energiebeauftragten, so hatten SPD und AL deshalb noch in der Koalitionsvereinbarung geschrieben, müsse Teil eines energiepolitischen „Sofortprogramms“ sein.

Doch schon Ende Juli riet Momper den Bezirken im Rat der Bürgermeister, es sei „wahrscheinlich am effektivsten“, wenn sie einfach die jetzigen Mitarbeiter weiterbilden würden. Dies will nun auch Staatssekretär Görler prüfen. Die Bezirke müßten von den erzielten Einsparungen allerdings auch „profitieren“, meint der Staatssekretär. Da gibt es bisher noch haushaltstechnische Hindernisse.

Umweltexperte Schwilling ist mit diesen Notlösungen höchst unzufrieden. Das bestehende Personal in den Maschinenämtern der Bezirke sei „keinesfalls“ in der Lage, die Aufgabe von Energiebeauftragten mitzuübernehmen. In der Senatsumweltverwaltung verweist man auf die Personalknappheit in den Ämtern und auf die mangelnde Qualifikation der Bediensteten.

Doch selbst SPD-Finanzsenator Meisner gibt der Umweltsenatorin vorerst keine Rückendeckung. Eigentlich müßte Meisner als Umwelt- und Finanzpolitiker doppeltes Interesse an den Energieberatern haben. Er will jedoch ein Energiespargesetz abwarten, das Schreyer erst noch erarbeiten muß. „Wir haben ja ein Interesse, daß das auch funktioniert“, heißt es in Meisners Umgebung. Gerade hinter dem von Bennigsen-Foerder und Bewag angebotenen Millionenkredit könne ja die hinterlistige Absicht stecken, Energiesparpläne lächerlich zu machen, indem man ihre Unwirksamkeit nachweise.

hmt