Managerinnen - eine Fehlinvestition?

In der beruflichen Fortbildung sind Frauen benachteiligt: Ausschließlich Männer werden zur Qualifizierung ermuntert / Frauen werden für Managerinnen-Kurse nicht freigestellt und sie bekommen sie nicht bezahlt  ■  Von Gundhild Schöller

„Für diesen Kursus habe ich drei Wochen Urlaub genommen, und selbst bezahlt habe ich ihn auch.“ Mit ihrem schüchtern -höflichen Lächeln und der weißen Rüschenbluse mit gestärktem Spitzenkragen sieht Karin Piekarek, Prokuristin in einem mittelständischen Betrieb, überhaupt nicht so aus, wie man sich eine moderne Karrierefrau vorstellt. Sie ist eine von insgesamt 39 Frauen, die an einem Kursus „Frauen ins Management“ teilnahm, einem Modellprojekt, das vom Berliner Senat (noch) gefördert wird. „Aber die gelernten Techniken konnte ich dann so erfolgreich einsetzen“, schließt sie verschmitzt, „daß ich meine Chefin überzeugte, im nachhinein die Kosten zu übernehmen.“

Trotz dieses kleinen Erfolgs: Karin Piekarek hat mindestens die Hälfte ihres Urlaubs geopfert für eine berufliche Fortbildung, die im wesentlichen der Firma zugute kommt. Eine Entscheidung, die für Männer höchst ungewöhnlich wäre, für Frauen jedoch der Normalfall ist. Im Gegensatz zu Männern bekommen Frauen so gut wie nie Angebote ihres Arbeitgebers, sich beruflich weiterzuqualifizieren. Fortbildung bekommen sie von der Firma nicht bezahlt, und sie werden nicht dafür freigestellt. Das war ein wesentliches Ergebnis einer Podiumsdiskussion, bei der die Berliner Frauenbeauftragte Carola von Braun und Teilnehmerinnen der Kurse „Frauen ins Management“ (Miß -)Stand und Perspektiven der beruflichen Fortbildung für Frauen erörterten.

„Das ist doch nur so ein Kurs zur Selbstentfaltung“ war die borniert-abweisende Reaktion, als Daisy Hoyer-Sinell ihren Chefs mitteilte, sie wolle an einem Managerinnen-Kursus teilnehmen, der von Frauen für Frauen angeboten wird. Auch die Juristin Hoyer-Sinell, die in der Personalabteilung einer Bank arbeitet, bezahlte ihre Fortbildung selbst und machte sie außerhalb der Arbeitszeit. Viele der Teilnehmerinnen trauten sich nicht einmal, ihren Chefs und KollegInnen zu erzählen, daß sie einen solchen Kursus, der sie für mittlere und höhere Führungsaufgaben qualifiziert, absolviert haben. Sie fürchten, kalt gestellt zu werden, wenn bekannt wird, daß sie aufsteigen wollen - im Gegensatz zu Männern, deren Aufstieg häufig unterstützt wird.

Offensichtlich betrachten bundesdeutsche Firmen die Qualifizierung ihrer weiblichen Angestellten als Fehlinvestition: 3.000 Briefe schickten Doris Habermann und Dorothea Assig, Leiterinnen von „Frauen ins Management“, an Firmen mit dem Angebot, Frauen für Führungsaufgaben weiterzubilden. Der Rücklauf: eine (!) Antwort. Mit dieser Firma vereinbarten die beiden einen Gesprächstermin, der von seiten der Firma jedoch verschoben und niemals nachgeholt wurde. Während die Resonanz von Frauen mit über 700 Anfragen sehr groß ist, zeigen Unternehmen - trotz Frauenförderpläne und vieler schöner Worte - bislang keinerlei Interesse.

Auch in den USA, dem Land, in dem über Managerinnen als Leitfiguren einer neuen Frauengeneration viel Wirbel gemacht wird, haben Frauen nur begrenzte Möglichkeiten. Janine Berg -Peer von der Europäischen Wirtschaftshochschule in Berlin berichtet: In den USA gebe es einen Abschluß, der die Türen zu den Chefetagen öffne - den „Master of Business and Administration“ (MBA). Niemals sei eine Frau unter denjenigen, die dieses Aufbaustudium von der Firma bezahlt bekämen. Alle Frauen hätten die Weiterqualifizierung meistens über Kredite - selbst finanziert. Untersuchungen hätten außerdem gezeigt, daß die MBA-Studentinnen keine Kinder hatten und viele gerade frisch geschieden waren.

Das überwiegend weibliche Publikum lacht laut und herzlich. Alle wissen, worum es geht: um die mangelnde Unterstützung oder gar Blockierung durch den Ehegatten bzw den Freund. Wenn die Frau sich weniger um den Haushalt und das Wohlbefinden der Familie kümmert, laufen viele Männer Sturm gegen die Karrierewünsche und -pläne ihrer Frau. „Das Rollenbild hinkt bei uns um Jahre hinterher“, konstatiert Carola von Braun. „Deshalb ist die Politik gefordert, frauengerechte Weiterbildung anzubieten.“ So müßte Fortbildung während der Arbeitszeit möglich sein, um auch denjenigen Frauen eine Teilnahme zu ermöglichen, die nach Arbeitsschluß im Büro eine zweite Schicht zu Hause erwartet. Notwendig sei auch eine speziell auf Frauen ausgerichtete Didaktik, weil Frauen einen anderen Lernstil hätten - dies zeige sich deutlich beispielsweise in Computerkursen. Außerdem müsse Weiterbildung auch während der sogenannten Familienphase angeboten werden. Viele Frauen seien sehr interessiert, ihre Qualifikation während der Zeit, in der sie wegen der Kinder zu Hause bleiben, zu erhalten.

„Welcher Führungsstil wird den Frauen vermittelt?“ will Ika Klar vom „Berliner Frauenbund 1945“ wissen. Keinesfalls werde den Frauen ein starres Führungsmodell verordnet, nimmt Doris Habermann unausgesprochene Ängste vorweg. Den Frauen werde in den Kursen bewußt gemacht, wie sie als Führungspersonen agierten. Frauen hätten Autoritätsprobleme nach oben und nach unten. Sie müßten lernen, sich als Führungsperson zu akzeptieren.

Obwohl der Erfolg des Projekts „Frauen ins Management“ von niemandem in Zweifel gezogen wird, ist seine weitere Finanzierung nicht gesichert. Der verflossene CDU/FDP-Senat hatte unter dem Titel „Neue Beschäftigungsfelder für Frauen“ auf Initiative der Frauenbeauftragten Carola von Braun auf vier Jahre 12 Millionen Mark bewilligt. Diese Finanzierung läuft im Dezember aus. Wie der neue Arbeitssenator Wagner (SPD) die Berufstätigkeit von Frauen unterstützen wird, ist derzeit noch nicht entschieden. Da aber die Berliner Unternehmen offensichtlich (noch) nicht gewillt sind, die Fortbildung von Frauen zu ihrer Sache zu machen, wird der Arbeitssenator eine öffentliche Förderung kaum verwehren können.