Gelbe Konkurrenz im Kuriergeschäft

■ Ab 1.September will die Post auch in Berlin einen Kurierdienst einrichten / Innerhalb einer Stunde sollen Sendungen befördert werden / Private Botendienste sind skeptisch, fürchten aber keine Auftragseinbußen / Kurierdienste verlassen sich auf ihre Stammkunden

Wenn demnächst die gelben Vehikel der Bundespost mit Höchstgeschwindigkeit durch die Straßen flitzen, hat das einen Grund: Ab 1.September will das Monopol auch den Berliner Kurierdiensten mit einem Boten-Service Konkurrenz machen. Damit soll zum Regelangebot werden, was die Post schon seit sechs Jahren in anderen größeren Städten der Bundesrepublik im Rahmen eines Betriebsversuchs anbietet der innerstädtische Schnelltransport.

Spätestens nach 60 Minuten, so lautet die Post-Vorgabe, sollen Sendungen aller Art von sogenannten Direktkurieren zum Empfänger befördert werden. Für die prompte Lieferung verlangt der staatliche Kurierdienst 15 Mark Grundgebühr plus Entfernungszuschlag zwischen 10 und 50 Mark. „Benutzt werden Fahrzeuge, wie sie jetzt schon bei der Eilzustellung Verwendung finden“, so ein Sprecher der Post-Pressestelle. Der Eilkurier-Service der Post bleibt dennoch bestehen. Er garantiert eine Zustellung des Transportgutes nach spätestens fünf Stunden. Der Preis: Eine Sendung bis 20 Kilo kostet 17 Mark.

Die staatliche Konkurrenz fürchten die privaten Botendienste allerdings nicht. „Natürlich platzt uns die Post damit ins Geschäft“, erklärte der Geschäftsführer eines Wilmersdorfer Expreßdienstes. Das Preis-Leistungsverhältnis stehe jedoch in keiner Relation zu den privaten Anbietern. Dort beträgt die Grundgebühr für den Botendienst derzeit zwischen 8 und 10 Mark. „Außerdem halte ich die Garantie, innerhalb von einer Stunde auszuliefern, für ziemlich forsch“, so der Mann vom privaten Botendienst. Das hohe Verkehrsaufkommen lasse eine solche Kalkulierung gar nicht zu.

„Viele haben doch überhaupt gar kein Vertrauen mehr zur Post, weil da viel öfter Sachen verschwinden“, meinte ein Schöneberger Botendienstler gegenüber der taz. Auch er hält von den Service-Garantien der gelben Boten nicht viel. „Meistens muß eine Sendung sofort geliefert werden und nicht innerhalb einer bestimmten Zeit.“ Als Konkurrenz fürchte er den Post-Service auch deshalb nicht, weil er viele Stammkunden habe. „Die vertrauen mir, warum sollten sie dann wechseln?“ Sorgen bereite ihm dagegen vielmehr die Telefax -Technik, die mittlerweile viele Kurierfahrten überflüssig mache.

„Es gibt schon genügend Kurierdienste in Berlin, da besteht überhaupt kein Bedarf für die Post“, äußerte sich auch ein Spandauer Unternehmen kritisch. Auch dort wird die von der Post garantierte Auslieferung innerhalb einer Stunde bezweifelt. „Das ist praktisch unmöglich, es sei denn für jeden Kunden steht ein Auto vor der Tür.“ Obwohl alle Kurierfahrer in der Stadt über Funk geordert würden, „bleiben die öfter mal im Stau stecken und brauchen dementsprechend länger“.

Ins Fäustchen lachen sich die Fahrradkuriere über das neue Angebot der Post. Sie kennen das Stau-Problem nur als Abgaswolke und sind im City-Bereich wesentlich schneller als die motorisierten Boten. Dennoch bezeichnete auch der Kurierdienst „Messenger“, ehemals ein reiner Fahrradbote, die Ein-Stunden-Garantie der Post als „verwegen bis waghalsig“. Per Fahrrad seien die Boten zwar „ultraschnell“ im City-Bereich, aber für eine Lieferung innerhalb einer Stunde könne auch der Drahtesel-Expreß nicht immer garantieren. „Auch die Preise sind doch komplett aus der Welt - jenseits von Gut und Böse“, meinte ein Mitarbeiter gegenüber der taz. „Das ist vielleicht was für Oma-Kunden, die sowieso alles mit der Post machen.“

Christine Berger