DON'T WORRY -BE HAPPY

■ Odyssee eines T-Shirts

Diesen Aufdruck trägt ein T-Shirt, mit dem ich die Ordnung der JVA Kassel in ihren Grundfesten erschüttert habe. Zwischen dem Hauptsekretär im Justizvollzugsdienst und dem Oberinspektor wird gerade diskutiert, ob über diese leicht anarchistische Aufforderung nicht vielleicht doch besser das Bundesverfassungsgericht urteilen sollte.

Es fing, wie so oft im Leben, eigentlich ganz banal an. Eine Freundin wollte mir ein neues Sporthemd schicken und packte dieses gefährliche Propaganda-Shirt in mein genehmigtes Osterpaket. Flugs avancierte mein Hemdchen zur „unerlaubten Zusendung“ und verfiel der Nichtaushändigung: „Wird zur Habe (das ist das, was man nicht hat im Knast), genommen!“

Ein Gespräch mit dem Flügelverwalter machte diesen nachdenklich, und er versuchte, was ihm vielleicht die Karriere ruinieren wird, den Kammerbeamten zur Freigabe des gefährlichen Hemdchens zu bewegen. Nie. Erst muß aus der unerlaubten eine erlaubte Zusendung werden. Und das geht in Kassel nur, indem der VU, so nennen die hier die Knackies, eine Paketmarke für dieses vermaledeite T-Shirt beantragt, danach die Genehmigung für das Absenden des T-Shirts, dann das T-Shirt abgeschickt, um dasselbe dann wieder zurückschicken zu lassen. All das muß der VU machen, um den Makel der „unerlaubten Zusendung“ von dem gefährlichen Hemdchen zu waschen.

Weil ich das Ganze ungeheuer witzig und für meine Freundin auch noch als lehrreich empfand, bin ich diesen Weg gegangen. Und nun ist das T-Shirt wieder hier. Erlaubt zugesandt, wie sich das für einen ordentlichen VU gehört. Und alle Welt grinst.

Und auf der Kammer heißt es jetzt: „Nein, also dieses T -Shirt, also bedenken Sie mal, wie Sie damit aussehen!“ Wie er aussieht, darüber denkt der Knabe zu seinem Glück nicht nach. Aber don't worry, be happy. Ich lächele und gehe zum Flügelverwalter, der nun gar nix mehr kapiert und verspricht, sich darum zu kümmern. Bald darauf wird dem VU, das bin immer noch ich, eröffnet: „Das T-Shirt ist bedruckt, es kann nicht ausgehändigt werden.“ Der Sicherheitsdienstleiter, dem ich das nun als nächste Instanz vortrage, nickt mit dem üblich intelligenten Gesichtsausdruck und tut, was er am besten kann: nix.

Der Beschwerde an den Anstaltsleiter wird demnächst die Klage zur sattsam bekannten Kasseler Strafvollstreckungskammer folgen, und eines mehr oder weniger schönen Tages wird das BVerfG darüber nachdenken, ob „Don't worry - be happy“ wirklich den Strafvollzug in der BRD dem totalen Chaos ausliefert. Daß inzwischen eine Reihe von Leuten kapiert haben wird, daß die im Vollzug ein Rad abhaben und nix als groben Unfug anstellen mit den VUs, die anderweitig ja durchaus noch als Menschen gelten, ist eine Begleiterscheinung, die sicherlich zur Aufklärung über unsere Justiz hilfreich sein wird. Knast gelebte Satire. Das Produkt: Vollzugsleichen. In diesem Sinne: Don't worry be happy!

A.A., Kassel