Immer neue Spekulationen über Volvo/Saab-Fusion

■ Auch Renault - Volvo im Gespräch / Verlustreiche Autos verderben Saab-Bilanz

Stockholm (dpa) - „Kein Kommentar“, lautete stets die lapidare Antwort, wenn die Konzernsprecher der beiden schwedischen Autohersteller Volvo in Göteborg und Saab in Linköping wieder mal zu neuen Fusions- oder Übernahmegerüchten Stellung nehmen mußten. Wie nie zuvor wurden in diesem Sommer die beiden Aushängeschilder von Schwedens stark exportorientierter Industrie in den Medien mit internationalen Partnern „verheiratet“. Und natürlich miteinander.

Völlig unterschiedlich sehen dabei allerdings die Hintergründe aus. Volvos Vorstandschef Pehr Gyllenhammar hat nie einen Hehl aus seinen hoch gesteckten Expansionszielen gemacht, die weltweit nur mit potenten Partnern zu erreichen sind. Nach mehreren Jahren mit hervorragenden Abschlüssen erklärte Gyllenhammar erst im Frühsommer: „Wir müssen bis 1995 doppelt so groß sein wie jetzt.“

Schwedische Wirtschaftsjournalisten wollen jetzt herausgefunden haben, daß der französische Staatskonzern Renault den Schweden dabei helfen soll. Beide Unternehmen zusammen wären bei einer vollständigen Zusammenlegung fünftgrößter Automobilhersteller der Welt. Ob es aber tatsächlich so weit kommen wird, weiß niemand.

Aus der Konzernspitze in Göteborg wurde immerhin eingeräumt, man habe mit den Franzosen und dem spanischen Enasa-Konzern über eine Zusammenarbeit bei der Lkw -Produktion gesprochen. Durch die Übernahme des US -Herstellers White und den Einstieg beim südkoreanischen Daewoo-Konzern in den letzten Jahren hat Volvo vor allem in diesem derzeit höchst profitablen Bereich seine Finanzkraft zur Expansion genutzt.

Für Saab dagegen sind die dauernden Übernahmegerüchte alles andere als ein Zeichen von Stärke. Konzernchef Georg Karnsund mußte vor allem wegen der konstant schlechten Verkaufszahlen der überdies zu teuer produzierten Nobellimousionen der 9.000er-Reihe hohe Verluste im Pkw -Geschäft einräumen (130 Millionen DM im 1.Quartal 1989). Sie ließen die Übernahme durch einen der Großen im Autogeschäft als Ausweg aus der Krise immer zwingender erscheinen. Nicht zuletzt das schon fast panikartige Verschwinden dreier Vorstandsmitglieder innerhalb weniger Monate, von denen zwei gerade erst als Krisenmanager angeheuert waren, hat den Ernst der Lage ebenso verdeutlicht wie der inzwischen beschlossene Plan, 1.500 der insgesamt 16.000 Saab-Arbeitsplätze im Autobereich abzubauen.

Nur die Übernahme durch einen Großen, so meint Schwedens Wirtschaftspresse einhellig, kann Saab - nach Automaßstäben

-als kleinen Produzenten vor dem völligen Aus retten. Ford und British Aerospace („Rover“) sind die in diesem Zusammenhang zuletzt genannten Namen. Saabchef Karnsund verkündete zwar noch bei der letzten Bilanzpressekonferenz im Sommer trotzig: „Wir werden auf eigene Faust weitermachen.“ Weit schwerer dürfte aber wiegen, daß Peter Wallenberg als Haupteigner des Konzerns schon öffentlich angedeutet hat, daß er nicht mehr gewillt ist, die guten Ergebnisse des Saab-Scania-Gesamtkonzerns, etwa im zivilen und militärischen Flugzeugbau, durch die Dauerkrise bei Personenwagen zu belasten.

Schwedens Metallergewerkschaft sieht nur einen Ausweg für Saab: Die Übernahme durch Volvo. Bevor die Forderung der Gewerkschafter allerdings Wirklichkeit werden kann, müßte in beiden Konzernzentralen Vergangenheitsbewältigung betrieben werden. 1977, als die Fusion bei den Vorständen schon beschlossene Sache und öffentlich verkündet war, ließen verschreckte Saab-Scania-Aktionäre die Hochzeit in letzter Minute platzen.