„Ohne Rüstung keine Luftfahrt“

Anhörung im Bundeswirtschaftsministerium zur Fusion von Daimler-Benz und MBB: Beteiligte sind sich ihrer Genehmigung sicher / Zulieferer-Verbände haben wenig Einwände / Gewerkschaften: In Abrüstungszeiten nicht von Rüstungsindustrie abhängig machen  ■  Aus Bonn Ulli Kulke

Der Bundeswirtschaftsminister hatte geladen - und war selbst nicht gekommen. Aber nicht nur er fand offenbar die Anhörung zur geplanten Fusion Daimler-Benz mit dem Luftfahrtunternehmen Messerschmitt-Bölkow-Blohm nicht so wichtig. Auch viele, die um ihre Stellungnahme gebeten waren, blieben gleich zu Hause: Wirtschaftsverbände und Konkurrenz des künftigen Fusionats. Kein Zweifel, die Fachwelt geht davon aus, daß Wirtschaftsminister Helmut Haussmann nach dem Nein des Bundeskartellamts und dem „Jein“ der Monopolkommission (Ja mit spürbaren Auflagen) das Ganze mit einem klaren „Ja“ in Form einer Ministererlaubnis abrunden wird.

Entsprechend selbstbewußt leitete für den Antragsteller Daimler-Benz der Vorsitzende des Luftfahrt -Tochterunternehmens „Deutsche Aerospace“, Jürgen Schrempp, seinen Beitrag ein: „Wir stehen unmittelbar vor dem Abschluß intensiver Auslotungs- und Klärungsprozesse, deren ordnungspolitischer Rahmen stets unverändert bestanden hat. Dies ist eine Tatsache - auch wenn die öffentliche Diskussion manchmal so aussieht, als würden wir erst am Anfang der Verhandlungen stehen und als würde man sich erst jetzt die ordnungspolitischen Konsequenzen der anstehenden Entscheidung vergegenwärtigen. Das ist nicht so.“ Das wiederum rief den Veranstaltungsleiter, Bernhard Molitor vom Wirtschaftsministerium auf den Plan, der schon gleich Sinn und Zweck der ganzen Sitzung öffentlich demontiert sah: Hier liege wohl ein „Mißverständnis“ vor („Ich gehe nicht davon aus, daß sie das wollten.“), wenn der Eindruck entstünde, eine Entscheidung sei bereits gefallen.

Co-Antragsteller Hanns Arnt Vogels von MBB nahm die Vorschläge zu Auflagen aufs Korn, bei denen die Monopolkommission der Bundesregierung die Fusion als genehmigungsfähig ansieht. Insbesondere die geforderte Trennung von militärischem und zivilem Luftfahrtbereich sei „nicht tragbar“. Die „Verteidigungstechnik ist der wichtigste integrale Bestandteil der Luft- und Raumfahrt“, ja die Verteidigung sei sogar die „Voraussetzung der Luftfahrtindustrie“. Und ganz konkret: Ohne die Produktion von Drohnen - unbemannte Flugkörper zu Aufklärungs- oder andere Verteidigungszwecke - könne kein Luftfahrtunternehmen bestehen. Vogels vollbrachte eine argumentative Gratwanderung: Die MBB-Tochter Airbus als Zuschußgeschäft sei durch das Unternehmen nicht zu halten, da brauche man Daimlers Kapitalkraft. Andererseits: Verkaufen könne man im Falle, daß die Fusion platzt, die unrentable Tochter auch nicht: Dann gelte man gegenüber den französischen Partnern als unzuverlässig.

Einig waren sich Schrempp und Vogels, daß die gesamtwirtschaftlichen Vorteile die Einschränkungen im Wettbewerb mehr als ausgleichen. Von einem bundesdeutschen Markt sei ohnehin keine Rede mehr. Im übrigen sei ihr Abnehmer, Verteidigungsminister Stoltenberg, auch ein (Nachfrage-)Monopolist. Und schon gar nicht wirke sich die Fusion negativ auf die Zuliefererindustrie aus - zumeist kleinere mittelständische Betriebe.

In dieser Frage hatten die Antragsteller kompetente Bündnispartner: Der Bundesverband mittelständischer Wirtschaft, der die meisten Zulieferer vertritt, befürwortete die Fusion mit Auflagen. Lediglich der Zentralverband des deutschen Handwerks und die Arbeitsgemeinschaft selbständiger Unternehmer warnten vor zu großer Machtzusammenballung gegenüber den Zulieferern.

Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes, der DAG und der IG Metall kritisierten, daß Airbus einerseits privatisiert werde, andererseits der Bund das Wechselkursrisiko beim Absatz übernehme. Sie lehnten die Fusion entschieden ab. Die IG Metall forderte eine Bundesbeteiligung beim Airbus. Angesichts der heutigen Abrüstungsbemühungen sei es fatal, daß die Abhängigkeit der Luftfahrtunternehmen von Rüstungsaufträgen noch weiter festgeschrieben werde.