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Weit aus dem Fenster gehängt-betr.: "Friedensvertrag mit beiden deutschen Staaten", taz vom 18.8.89

betr.: „Friedensvertrag mit beiden deutschen Staaten“,

taz vom 18.8.89

Da haben sich mal wieder zwei Parteiprominente (Antje Vollmer und Ralf Fücks) weit aus dem Fenster gehängt, um der staunenden Öffentlichkeit und der ebenso staunenden grünen Partei mitzuteilen, daß ein „Friedensvertrag mit beiden deutschen Staaten längst überfällig sei. Das entwertet ihren in den anderen Punkten sehr sinnvollen Vorstoß.

Recht haben die beiden, wenn sie Helmut Kohl mit Blick auf den 1. September und Polen auf den Weg geben, die BRD müsse endlich unmißverständlich die polnische Westgrenze, die Existenz zweier deutscher Staaten etc. anerkennen. Nur war es bisher in der grünen Partei weitestgehend Konsens, daß dazu ein Friedensvertrag das denkbar ungeeignetste Mittel sei.

Vielmehr muß zunächst die Bundesrepublik das tun, was sie selbst tun kann, ohne ständig auf die Unbill der internationalen Rechtslage hinzuweisen. Die Grünen treten (ausweislich beispielsweise ihres Bundestagswahlprogramms von 1986) dafür ein, daß die Bundesrepublik sich als souveränen und vollständigen Staat endlich selbst anerkennt, also von sich aus den Schritt macht, das Ergebnis des Zweiten Weltkrieges als von Deutschland verschuldet und damit von deutschen PolitikerInnen auch unumstößlich anzuerkennen.

Wer einen Friedensvertrag als Weg (und nicht etwa als Ergebnis, das vielleicht am Ende eines langen Prozesses stehen kann, der mit der Selbstanerkennung der BRD beginnt) vorschlägt, muß sich die Frage gefallen lassen, ob damit nicht wenigstens vom Ergebnis her diejenigen umarmt werden (sollen), die die Hoffnung auf eine deutsche Wiedervereinigung immer noch nicht aufgegeben haben.

Rainer Hinrichs, Koordinator der LAG Frieden der Grünen Nds. und Mitglied der BAG Frieden der Grünen

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