Sensiblere Polenhatz

■ Regierender Bürgermeister Momper kritisierte die Polizei und den Zoll wegen zu harten Vorgehens / Aktionen zum Jahrestag des Überfalls auf Polen vorgestellt

Auch am 50. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen wird die Polizei weiter Jagd auf die polnischen Kleinhändler machen. Auf einer Pressekonferenz aus Anlaß des Jahrestags des Kriegsbeginns kritisierte der Regierende Momper gestern zwar Zoll und Polizei für ihr zu hartes Vorgehen gegen die Polen, eine Legalisierung des polnischen Straßenhandels soll es aber nicht geben. Er sei „betroffen, daß deutsche Behörden anscheinend nicht in der Lage sind, verhältnismäßig vorzugehen“, kritisierte Momper.

Immer wieder würden Pässe einkassiert, „und die Leute tauchen dann ohne Geld und ohne Pässe bei den Bezirksämtern auf, weil sie nicht mehr weiter wissen“. Solche behördlichen Überreaktionen soll es nach Mompers Willen zukünftig nicht mehr geben. Er werde „darauf dringen“, daß „mit mehr Sensibilität“ und „nicht im Übermaß“ gegen die Handelstouristen vorgegangen werde. Zuvor hatte Momper die Berliner aufgefordert, am 1. September der „Opfer aller Völker zu gedenken, die von Deutschland mit Krieg überzogen worden sind“.

In Polen, so erinnerte er, starben über sechs Millionen Menschen während des Krieges. Er bedauerte, daß der „kleinliche Widerspruch“ des Bundesfinanzministers verhinderte, daß das Grundstück der ehemaligen polnischen Botschaft an Polen zurückgegeben werden konnte (siehe taz v. 24.8.). Bonn habe „die Möglichkeit zu einer großen Geste in äußerst leichtfertiger Weise verspielt“. Momper forderte die BerlinerInnen auf, „aktive Solidarität“ mit den Polen zu üben, die zur Zeit als Aussiedler oder Touristen nach Berlin kommen. Das gelte auch für die Polen, die „hier ihre Devisenkasse aufbessern“. Der Hochmut der Reichen verbiete sich, da Polen erst jetzt, 44 Jahre nach Kriegsende dabei sei, „die Folgen des Krieges, zu denen auch der Stalinismus gehört“ abzuschütteln.

Der 1. September wird in Berlin mit Demonstrationen und symbolischen Aktionen begangen werden. Unter Schirmherrschaft des DGB wird es an verschiedenen „Orten der Mahnung“ Kundgebungen und Aktionen geben, die um 15 Uhr am „Ort der Täter“, dem ehemaligen Gestapo-Gelände mit einer Grundsteinlegung für das Aktive Museum, beginnen. Zum Abschluß wird es einen Gedenkmarsch vom Ernst-Reuter-Platz (18.30 Uhr) zum Breitscheidplatz geben.

mow