Letzte Wahlchancen gewahrt

■ Das Ende von Heiner Geißler als CDU-Generalsekretär war nötig

Jetzt ist er endlich fällig, der Kohl. Der Druck auf ihn steigt täglich, die Basis rebelliert, seine Position wird immer schwächer. Die linken und linksliberalen Kritiker wissen es mal wieder ganz genau. Nach der Entlassung Geißlers wird er stürzen, weil die CDU - mit Geißlers Abgang quasi programmatisch entleert - zum Scheitern verurteilt ist. Warum eigentlich sollte es so kommen? Weil die linken und linksliberalen Propheten in ihrer Mehrzahl so tönen? Das muß man gewiß nicht viel ernster nehmen als die wöchentlichen Krisenberichte aus dem Bonner 'Spiegel'-Büro. Dort wird nun schon seit Jahren Kohls unmittelbares Ende vorhergesagt. Woche für Woche steigt der Druck. Nach dieser Logik müßte der schwarze Riese längst platt wie eine Briefmarke sein.

Tatsächlich hat der vermeintlich „tumbe“ Kohl in kritischen Situationen immer wieder wesentlich mehr Gespür für die Macht, für die tatsächliche Situation gezeigt als die ganze Schar seiner hellen Kritiker. Warum sollte er ausgerechnet jetzt stürzen, wo er die für die CDU unter Wahlgesichtspunkten die einzig richtige Entscheidung getroffen hat? Die „Linken“ und „Liberalen“ mögen Geißlers strikten Abgrenzungskurs gegen die REPs beklatscht, seine ideologischen Lockerungsübungen begrüßt haben, wählbar war die CDU für sie trotzdem nie. Und genau das ist der Punkt. Geißler erntete Sympathie bei denen, die mit der CDU nichts am Hut haben, verunsicherte und verprellte gleichzeitig aber jene, die zum traditionellen Stammpublikum der Christdemokraten gehörten.

Geißlers Dilemma war es, daß er als Person eine Partei repräsentierte, die es vor Ort tatsächlich gar nicht gab. Da gibt es eben mehr Hasselmanns und Gauweilers als Süssmuths, und die waren es am Ende leid, immer nur stillzuhalten. Ein Teil nutzte das Angebot der „Republikaner“, ein noch viel größerer Teil ist dazu bereit. Deshalb ist Geißlers Sturz nur konsequent. Für die CDU liegt darin die letzte Chance, die REPs noch einmal kleinzukriegen und damit genug eigene Wählerprozente zu gewinnen, um weiter im Kampf um die Regierungsmacht dabeisein zu können. Das weiß auch die Partei insgesamt, und deshalb wird jeder und jede, der oder die im September gegen Kohl antreten sollte, scheitern.

Walter Jakobs