Regieren ist nie umsonst

■ Senat braucht Geld / Unvorhergesehene Reisen und Dienstzimmer-Renovierungen

Regieren ist teuer, wer hätte es nicht gewußt. Doch die Bremer Regierung ist sogar teurer als das Parlament erlaubt. Deshalb hatte der Haushaltsausschuß der Bürgerschaft gestern mit einer runden halben Million Nachschlag das leere Portemonnaie des Senats wieder aufzufüllen. Denn wer wollte es zum Beispiel dem Bürgermeister verübeln, daß er den finnischen Staatspräsidenten im Herbst nicht schlechter bewirten will, als den sowjetischen Seeverkehrsminister, den isländischen Fischereiminister und den Staatspräsidenten von Nicaragua, die allesamt das Glück hatten, bereits in der ersten Hälfte des Haushaltsjahres im Bremer Rathaus fürstlich zu spachteln. Und wer wollte den Senatsdirektor Finanzen von seiner Dienstreise nach Brüssel und den Häfensenator von Akquisitionsgesprächen in Manila abhalten, vor allem wenn die auch noch „im Interesse Bremens“ liegen, wie es in der Begründung des Antrages ausdrücklich heißt?

Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt wurde in der ersten Hälfte dieses Jahres fast doppelt soviel regiert wie im vergangenen. „Allein für den Druck der Verkündungsblätter mußten DM 173.896,77 aufgewendet werden, das sind DM 89.000 mehr als für den gleichen Zeitraum im Vorjahr“, schreibt Staatsrat Fuchs im Antrag auf den Nachschlags-Haushalt. Auch in der Pressestelle wird heuer viel mehr kopiert als bislang - vor allem, „um das veränderte Erscheinungsbild Bremens in der Öffentlichkeit zu vermarkten“, wie es im Antrag heißt. Eine Entwicklung, die bei der Aufstellung des Haushalts im vergangenen Jahr natürlich nicht berücksichtigt werden konnte, handelt es sich bei Bremens neuem „Erscheinungsbild“ doch immerhin um dessen überraschende Wandlung „zu einem Forschungs- und Technologiestandort“.

Eine besonders teure Senatorin ist Eva-Maria Lemke-Schulte. 126.000 Mark braucht sie zusätzlich zu ihrem Haushaltstitel. „Die Ausgaben sind unabweisbar und unvorhersehbar“, schreibt sie im Antrag an den Haushaltsausschuß. Schließlich mußte sie in diesem Jahr ihr Ressort um den gesamten Baubereich verkleinern, und sowas kostet bekanntlich Geld. Zum Beispiel 12.500 Mark „für die Verlegung und den Umbau sowie die Ausstattung des Dienstzimmers von Frau Senatorin“ und 8.000 Mark für „Reinigungsarbeiten“. Schließlich wollte die Umweltsenatorin ihr Dienstzimmer im Umweltressort nicht genauso wieder vorfinden, wie sie es ein gutes Jahr zuvor verlassen hatte.

Regiert werden wir schließlich nicht umsonst, und Geldausgeben will gelernt sein - auch die im Senats-Antrag angeführte unvorhersehbare 5.000-Marks-Spende für das „Projekt Wehret den Anfänger“.

Rosi Roland