Verdrängen in Ramstein

Rummel und Denkmalenthüllung am Jahrestag  ■  Von Thomas Krumenacker

Ramstein (taz) - Medienrummel an der Ramsteiner crash side: Dort, wo vor genau einem Jahr Tausende von Menschen um ihr Leben liefen, tummelten sich gestern die Journalisten. An der Absturzstelle des frecce-tricolore -Solisten ist noch immer kein neues Gras gewachsen. Statt dessen bedeckt eine graue Sandschicht die Absturzstelle.

Allzu kritische Fragen sind der US-Armee auch ein Jahr nach der Flugtagkatastrophe nicht erwünscht. Mit einem knappen no wird der Wunsch einiger Pressevertreter abgeblockt, ein rund 200 Meter von der Absturzstelle entferntes Lager des hochexplosiven und extrem giftigen Zusatzbrennstoffs Hydrazin zu besichtigen. Wäre die Unglücksmaschine nur ein paar Sekunden später aufgeschlagen und in die Tanks gerast, hätte es möglicherweise Tausende von Toten gegeben.

Doch an Aufklärung denkt man nicht an diesem Tag in Ramstein. Statt dessen dürfen die Presseleute abfilmen, wie sich die Prominenz der US-Luftwaffe vor der Kasernenkirche die Hand reicht. Angeführt von General Michael Dugan, Oberbefehlhaber der US-Luftwaffe in Europa, gedenkt die US -Luftwaffe an diesem Tag offiziell der Ramsteinopfer. Nicht verstummen wollende Gerüchte, wonach die Zahl der Opfer möglicherweise viel höher liege als die bislang angegebenen 70 Toten, stören hier nur. „Völlig unvorstellbar“, dementiert Pressesprecher Mayor Lewis energisch entsprechende Fragen.

Unterdessen gibt sich General Dugan im Gottesdienst philosophisch. Die „menschliche Dimension“ der Katastrophe dürfe nicht vergessen werden, meint er, und auch über die Verantwortung müsse neu nachgedacht werden, sagt er, während trotz der angekündigten Flugpause eine Transportmaschine über die Air-base dröhnt.

Vor der Tür, weitab vom Flugfeld, enthüllte der Verantwortliche für die Ramsteiner Flugshow, General Lawrence Boese, unterdessen vor laufenden Kameras einen Gedenkstein, den die Gemeinde Ramstein-Miesenbach gespendet hatte. „In memory of the victims of the Flugtag„ ist auf den Sandstein geschrieben. „Eine deutliche Mahnung gegen einen neuen Flugtag“ erkennt darin ein Funktionär der Jungen Union.

So wollen die Amerikaner das aber nicht verstanden wissen: Um eine definitive Aussage, ob die US-Luftwaffe bereit ist, auf Flugtage in Ramstein oder anderswo zu verzichten, drückt sich die Luftwaffe immer noch herum.

Thomas Krumenacker.