DDR - alltäglich

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(Einzug ins Paradies, 20.30 Uhr, ARD) Da können sich die Programmplaner noch so viel Mühe geben, auf politische Entwicklungen haben sie keinen Einfluß. Diese aber können das Thema einer Sendung vernichten oder aber in einem kaum erwarteten Maße aktualisieren. So auch hier. Während an der ungarisch-österreichischen Grenze gerade versucht wird, die Ausreisewelle unzufriedener junger DDR-Bürger zu stoppen, hat die ARD eine sechsteilige Familienserie ins Programm genommen, die nicht nur in der DDR produziert wurde, sondern auch den Anspruch hat, den Alltag im real existierenden Sozialismus ins Bild zu setzen.

Mit Einzug ins Paradies ist nun aber keineswegs die Flucht nach dem hoffnungsüberfrachteten Westen gemeint, sondern die Aneignung einer langersehnten Wohnung in einem soeben fertiggestellten Neubaublock in Ost-Berlin. Der Zuschauer erlebt die ersten sechs Tage (ebenso lange geht die Mini-Serie, jeweils Montags 20.15 Uhr) von fünf Familien, die sich daran machen, die elfte Etage dieses Blocks in Besitz zu nehmen. Die fehlenden Trennwände zwischen den Balkonen ermöglichen nun kleine Grenzüberschreitungen zwischen den Familien, die im geregelten Alltag ansonsten unmöglich wären. Katharina (Michaela Hotz) entdeckt bei ihren Streifzügen sogar den lieben Gott, wobei es sich aber um Jonas Weithold (Kurt Böwe) handelt, der zur zehnjährigen „Kat“ ein inniges Verhältnis entwickelt.

Während das Unglück der meisten Serien damit beginnt, daß sie heimatlos und damit übertrag- und austauschbar sind, so Peter Schulze-Rohr, Leiter der Fernsehspiel-Redaktion des Südwestfunks, der für diese Serie verantwortlich ist, so ist es diese Fernsehspielserie nicht: „Daraus bezieht sie ihr Potential, ihre Poesie, ihre Widerhaken, ihre Komik, ihre Tragikomik. Und schließlich auch jenen trockenen, menschenfreundlichen Humor, der sich findet, wenn man dem Volk aufs Maul schaut.“ Fragt sich nur, ob wir mit diesem Einblick in den Alltag der DDR auch einen Einblick bekommen in die Beweggründe derjenigen, die diesem Alltag fliehen, weil sie ihn für unerträglich halten. Das müßte der Maßstab sein, an der man eine solche Serie messen müßte. Ob eine DDR -Produktion das leisten kann, werden wir sehen.

ks