Der IFA-Knüller

Zwanzig und mehr verschiedene Fernsehprogramme können TV -Glotzer mittlerweile in einem günstigen Sendegebiet mühelos empfangen. Doch das Angebot, das ihnen da via Antenne, Kabel oder Satellit ins Haus geliefert wird, bezeugt weniger die so oft beschworene Informationsvielfalt als vielmehr einen Trend hin zur Verflachung und Gleichschaltung der verschiedenen Programme: endlose Spielfilmwiederholungen mehr oder minder hoher Güte, Nachrichten als Infotainment -Shows und Sport als senderübergreifendes Dauerereignis. Während Medienkritiker das schon seit langem erfolglos beklagen, stellt Blaupunkt jetzt das ultimative Konzept gegen flimmerndes Einerlei vor, den TV Altro, mit dem in Zukunft „ein variantenreicher Umgang mit den Medien“ ermöglicht werden soll.

Die Blaupunkt-Innovateure haben ganz richtig erkannt, daß es nicht genügen kann, TV-Geräte mit flimmer- und streifenfreien Auflösungsvermögen und unzähligen Kanälen zu entwickeln, wenn die brillanten Bilder dann doch nur die Programmödnis verschärfen. Dem Zusatznutzen des Fernsehers gehört die Zukunft, und da landen sie mit dem Altro-Modell, einem „Portable mit wechselbarer Fassade“ für Menschen mit „auf mehr Flexibilität und Mobilität angelegten Wohn- und Lebensstil“, einen handfesten Treffer. Geboten wird ein neutral gestylter Fernseher mit einer bunten Palette von Passepartout, die wahlweise vor die Frontseite des Geräts gehängt werden können, um die jeweils gültige Designpräferenz seines Besitzers zu unterstreichen. Das Angebot reicht vom nüchternen Blockstreifenmuster mit eingearbeiteter Lochblechverblendung über die kunstvoll zerkratzte Graffiti-Fassade bis hin zum rohen Betonrahmen mit vorstehenden Moniereisen. Passend dazu gibt es farblich genau aufs Design abgestimmte TV-Jacke plus entsprechendes T -Shirt. Natürlich kann der stolze Besitzer, nachdem er zuerst das Gerät und dann sich selbst durch Wahl der richtigen Fassade in wohldosierte Harmonie oder Diskrepanz zum übrigen Ambiente gebracht hat, den TV-Altro auch noch zum profanen Fernsehgucken nutzen. Aber das dürfte zunehmend unwichtig werden, bietet Blaupunkt doch jetzt schon eine Videokassette an, mit der sich auf die stumpfe Mattscheibe ein immerwährendes Blau zaubern läßt.

Also dann - Fernsehen ade, oder wie schreibt Blaupunkt doch so schön in der Presse-Information: „So bleibt das Angebot des TV-Konsums immer zugleich eine Aufforderung zu ständiger Distanz gegenüber der Medienwelt: nichts hat Gültigkeit für immer.“ Radikaler hätten das auch die schärfsten Medienasketen nicht formulieren können.

Ute Thon