Kohls Gegner maulen, aber kneifen

Während der Sitzungen von CDU-Präsidium und Parteivorstand stand kein Gegenkandidat für den Parteivorsitz auf / Kohl übersteht die heftige Debatte um seine Entscheidung, Geißler als Generalsekretär zu entlassen und wünscht sich diesen als seinen Stellvertreter  ■  Aus Bonn Ferdos Forudastan

Helmut Kohl bleibt einziger Anwärter auf den Sitz des CDU -Parteivorsitzenden. Keiner seiner Opponenten meldete gestern während der Beratungen der Parteispitze eine Gegenkandidatur auf dem Parteitag Mitte September in Bremen auf.

Kohl selbst sprach nach der neunstündigen, kontroversen Sitzung der Parteispitze gestern abend von einer „sehr offenen, mit großem Ernst geführten Diskussion“. Er kündigte an, falls der von ihm als Generalsekretär gechaßte Heiner Geißler sich um den Posten eines stellvertretenden CDU -Vorsitzenden bewerben wolle, diese Kandidatur zu unterstützen. Geißler selbst vermied eine förmliche Bewerbung.

Nach dem Krach um Geißler war ein Gegenkandidat gegen Kohl nicht ausgeschlossen worden. Aus Unionskreisen ließ man sogar durchsickern, man habe bereits eine Alternative zu Helmut Kohl, es ginge schließlich um die Selbstachtung der Partei. Als mögliche Gegenkandidatin galt Rita Süssmuth.

Präsidium und Bundesvorstand hatten gestern nacheinander in der CDU-Zentrale getagt. Die von vielen erwartete Revolte verkümmerte zu verbalem Schlagabtausch und der Forderung der sogenannten Reformer Blüm, Süssmuth, und Späth, Heiner Geißler solle auf dem Bremer Parteitag zu einem der sieben stellvertretenden Parteivorsitzenden gewählt werden. Zwei andere stellvertretende Vorsitzende, die als Kohl-Getreue gelten, nämlich Gerhard Stoltenberg und Walter Wallmann, sollten aus diesen Posten herausgewählt werden, wurde aus der Sitzung kolportiert.

Daß Helmut Kohl mit Schelte für die unwürdige Trennung von seinem langjährigen Generalsekretär Heiner Geißler davongekommen war, zeigte sich gestern sehr bald. „Offen, klar und gut“, kommentierte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Wagner - aus der Bonner Sprache übersetzt: Es hat gekracht. „Wie sie sehen, ist die Faust flach“, scherzte Lothar Späth. Noch am Wochenende hatte er markig verkündet, man müsse „auch mal die Faust in der Tasche ballen“, sprich: sich nicht alles gefallen lassen.

Daß der offene Kampf gegen Kohl nicht ausbrechen würde, war allen Beteiligten wohl schon vor Ende der Präsidiumssitzung klar: „Widerstand? Welchen Widerstand meinen Sie denn?“ antwortete Junge-Union-Vorsitzender Christoph Böhr einem Journalisten auf eine entsprechende Frage. Einzig ein versprengtes Häufchen Jungunionisten ging deutlich auf Distanz zum Vorsitzenden: „Heiner, Heiner und sonst keiner“, riefen sie, schwenkten Transparente und warteten mit einem Blumenstrauß auf den geschaßten Generalsekretär.