Boulevard-Phantome

■ Diskothek startete private Mordfahndung mit Phantombild / Springer-Blatt sah „Polizeiskandal“

Offenbar eine gewollte Konstruktion um der schlagzeilenträchtigen Story willen ist ein angeblicher „Polizeiskandal“, den das Springer-Blatt 'BZ‘ gestern auf die Titelseiten hievte. Thema ist der Mord an einem Türsteher der Touristen-Disko „Tolstefanz“ am Sonntag morgen. Der Vorwurf: Die Kripo habe der Öffentlichkeit eine Täter-Skizze verheimlicht, es aber zugelassen, daß die Disko -Leute mit der Polizeizeichnung eigene Steckbriefe drucken und verteilen. Tatsächlich händigte die Kripo am späten Montag nachmittag zunächst nur den „Tolstefanz„-Betreibern ein Exemplar des Phantombildes aus. Kommissar Zehnpfenning: „Es bestand die Möglichkeit, daß wir das Bild aufgrund von Aussagen vielleicht noch verbessern konnten. Außerdem hätte es sein können, daß den Angestellten spontan etwas zu dem Bild einfällt.“ Mit dem auf dem Mordfall angesetzten 'BZ' -Reporter als auch mit anderen Redaktionen war laut dem Kripo-Kommissionsleiter jedoch schon abgesprochen, daß die Täterskizze gestern gegebenenfalls an die Presse zur Veröffentlichung gegeben werden sollte. Garniert mit einer detaillierten Personenbeschreibung geschah dies auch. Von der Kripo nicht einkalkuliert war, daß die „Tolstefanz„ -Verantwortlichen die Täterzeichnung von sich aus vervielfältigen und noch am Montag abend in rund 400 Exemplaren in anderen Diskos und an Szene-Treffpunkten durch etwa 70 Hilfswillige verbreiten ließen. Auf dem steckbriefähnlichen privaten Fahndungsplakat versprechen die Initiatoren vom „Tolstefanz“ eine Belohnung von satten 10.000 Mark für Hinweise auf den Unbekannten. „Natürlich problematisch“, fand gestern Hauptkommissar Zehnpfenning diesen Fall von Privatfahndung. Er entspreche nicht den Vereinbarungen der Disko. „Wir hatten unsere Aktion mit der Polizei abgesprochen“, behauptete dagegen gestern „Tolstefanz„-Mieter Menachim Czertok. Die Absichten seien unter Umständen aber „bei der Kripo nicht ganz klar angekommen“. Czertok: „Daß die Polizei das der Öffentlichkeit vorenthalten wollte, ist völliger Unfug, der Mann von der 'BZ‘ ein schrecklicher Hohlkopf.“ Gestern wollte Czertok noch 10.000 Fahndungsplakate nachdrucken lassen.

thok