Momper spielt den Ball über die Mauer

■ Eine Arbeitsgruppe soll die Möglichkeiten Berlins als Olympiastandort für 2004 prüfen / Bewerbung nur mit Ost-Berlin / Momper hofft auf politische Änderungen

Walter Momper hat eine Vision. Im Jahre 2004 sollen Berlin -Ost und Berlin-West gemeinsam die Olympischen Spiele ausrichten. Friedensstiftend nannte der Regierende einen gestern verabschiedeten Senatsbeschluß, der die vom alten Senat übernommenen Olympia-Pläne vorantreiben soll.

Vor der desinteressierten internationalen Presse im ARD -Treff auf der Funkausstellung stellte Momper das Vorhaben des Senats vor. Ab sofort und bis zum Jahresende soll eine Arbeitsgruppe aus Vertretern von Wirtschaft und Verwaltung ein Konzept zunächst für Berlin-West erarbeiten. Geprüft werden soll, was für die Olympischen Spiele an brauchbaren Sportstätten vorhanden ist und was gebaut werden müßte, wo die Besucher untergebracht werden können und wie das Ereignis zu finanzieren wäre. Zu diesem Zweck sollen sich etwa 30 Fachleute zusammensetzen, Geld soll diese Vorarbeit nicht kosten. Ein Unternehmensberatungsbüro hat seine Mitarbeit kostenlos angeboten. Keinesfalls wolle der Senat einen „Alleinvertretungsanspruch“ für die Ausrichtung der Spiele aufstellen, betonte der Regierende Bürgermeister. Die Machbarkeitsprüfung im Westen der Stadt könne deshalb lediglich ein Torso sein. „Wir prüfen bei uns“, meint auch die AL-Sportsenatorin Sibylle Volkholz, Ost-Berlin müsse dann seinen Teil beitragen.

Angesichts der Dynamik der politischen Entwicklung in Osteuropa sei eine solche, jetzt noch kaum vorstellbare Idee nicht ausgeschlossen, meinte Momper. Als historischen Zeugen nannte er die Veränderungen in Polen. Vor wenigen Jahren habe man sich auch noch nicht vorstellen können, daß es dort heute eine nichtkommunistische Regierung gibt. Von den Spielen profitieren könnten Ost und West, sagte Momper. Für die DDR seien sie ein „faires Kooperationsmodell“, bei dem beide Seiten ihre Möglichkeiten optimieren könnten. Die Verantwortlichen und das Nationale Olympische Komitee sollten diese Chance erkennen.

Doch DDR-Chef Honecker winkt bislang ab. Auf Mompers Anfrage nach Ost-Berlin als Olympia-Halbstandort beim Besuch im Schloß Niederschönhausen im Juli antwortete Honecker: „Leipzig.“ Doch davon läßt sich der Senat keinesfalls entmutigen, im Gegenteil. Das sei besser, als wenn Honecker ganz nein gesagt hätte, meinte Sibylle Volkholz hoffnungsvoll. Ohne Ost-Berlin allerdings, davon rückte Momper auch nach mehrmaligem Nachfragen nicht ab, wolle sich der Senat nicht um die Olympischen Spiele bewerben. Viel Zeit bleibt nicht. 1997 wird das internationale Olympische Komitee über den Standort der Spiele im Jahr 2004 entscheiden. Bis dahin müßte nicht nur die Mauer fallen. Auch die vielen „Kleinigkeiten“, wie Sportstätten, Hotelanlagen, ein Olympisches Dorf, Transportprobleme und nicht zu vergessen die Frage der Finanzierung müßten geregelt sein. Sibylle Volkholz‘ Vorstellungen vom Rückgriff auf die Stadien der Spiele von 1936 werden Willi Daume wohl kaum überzeugen.

Unterstützung hat auch die Opposition zugesagt. Eberhard Diepgen begrüßte es, daß der neue Senat die Idee des alten Senats aufgreife und die „Arbeit daran fortsetze“. Diepgen ließ die politischen Rivalitäten außen vor. Berlin habe nur eine echte Chance, den Zuschlag zu bekommen, „wenn alle an einem Strick ziehen“.

bf