Gefordert ist Druck von links

Nach Aufschub des Ausländerwahlrechts in Berlin muß Rot-Grün politisch initiativ werden  ■ K O M M E N T A R E

Mal ganz nüchtern betrachtet: Es ist vielleicht nicht die dümmste Idee der Berliner SPD, den Antrag auf die Einführung des kommunalen Ausländerwahlrechts zu verschieben. Warum sich erneut auf eine Schlammschlacht einlassen wie anläßlich der Weisung zum Aufenthaltsrecht von Flüchtlingen - eine Kraftprobe auf einem durch und durch emotionalisierten Politikfeld ganz nach dem Geschmack der CDU?

Es wäre auch keine Schande, offen zuzugeben, was sich jeder denken kann: daß ausländerfeindliche Tendenzen in der Bevölkerung und acht Prozent REP-Wähler die Sache nicht ganz einfach machen. Und es ist selbstverständlich, daß man einen „hieb- und stichfesten“ Entwurf einbringen möchte, der auch einer genaueren juristischen Prüfung standhält. Für letzteres hat man seine Hausjuristen, für ersteres seine Parteimitglieder, die sich für eben dieses Ausländerwahlrecht öffentlich stark machen. Kampagne nennt man so etwas.

Man könnte das Ansinnen der SPD auf Verschiebung des Gesetzantrags einfach zur Kenntnis nehmen, wenn die Sozialdemokraten im gleichen Atemzug eine Kampagne für das Ausländerwahlrecht in Berlin losgetreten hätten. Und genau an diesem Punkt hakt es: Teile der sozialdemokratischen Basis sind keineswegs von der Notwendigkeit des kommunalen Wahlrechts für ihre ausländischen MitbürgerInnen überzeugt. Unter anderem deshalb hat auch die nordrhein-westfälische SPD den Gedanken für politisch opportun erachtet, das kommunale Ausländerwahlrecht auf die nächste Legislaturperiode zu verschieben.

Ein konfliktträchtiges Thema auf der parlamentarischen Tagesordnung zu verschieben und dann zu warten, daß sich die nötige gesellschaftliche Mehrheit mit ein paar Flugblättern und Plakaten von selbst einstellt, reicht jedenfalls nicht aus. Politischer Druck von links hat der SPD noch nie geschadet. Dafür müssen nun nicht nur AL, sondern vor allem außerparlamentarische Gruppen sorgen: die Gewerkschaften, die Ausländer-und Bürgerrechtsorganisationen. Sonst geht das seinen sozialdemokratischen Gang.

Andrea Böhm