ZWEI TRAURIGE TIGER

■ Zirkusballade vom unglaublichen Tierschutz mit tödlichem Ausgang

Eingangs wäre einzuräumen: Unvoreingenommenheit und Objektivität dürfen von diesem Bericht nicht erwartet werden. Andernfalls wäre alles Lüge. Die Wahrheit dagegen: Ein Tiger ist ein Tiger ist ein Tiger... Er trägt die Farben des Feuers. Seine Bewegungen sind gleitend und gemessen. Er mag sein Verhalten im Umgang mit Menschen verändern, nicht aber sein Wesen - es bleibt edel. Viele Kenner, die jemals einem Tiger nahe (oder zu nahe) kamen - ob Jäger, Wildhüter oder Dompteure -, haben das übereinstimmend bezeugt.

Ergreifen wir also offen die Partei der Tiger und fragen jetzt, ob der hiesige SPD-Arbeitskreis Tierschutz mitverantwortlich ist für den sinnlosen Tod eines gefangengehaltenen Tigers.

Die wahre Begebenheit, von der hier die Rede ist, hat sich demnach nicht im Dschungel abgespielt. Und nicht kühne Hunter eines Man-eater waren hier am Werk, sondern schreckhafte Schreibtischtäter. Nicht der Maharadscha von Mysore hatte devisenschwere Sportfreunde zur Treibjagd geladen, - nein, es waren tierschutzbeauftragte Beamte im Gefolge ihrer führenden Berliner Senatspartei.

Ein Kulturauftrag

Hier die Historie: Anfang der 80er. Wir leben noch in den wilden Berliner Zeiten der privaten Haltung gefährlicher exotischer Tiere. Achtung, die öffentliche Sicherheit ist kaum noch gewährleistet! Jeder betuchte Dödel darf - von Gesetzen ungehindert - von seinem Kenia-Trip ein verwaistes Löwenbaby mitführen und im Rosengarten seiner Zehlendorfer Villa großziehen. Die Attraktion auf jeder Sommerparty! Und dann - wenn das Baby die Zähne wechselt und Flagge - sprich: Mähne - zeigt...? Wohin nur damit? Würde das verhätschelte Einzelkind bei einer versuchten Eingliederung in die Raubtiergruppe eines Zoos oder Zirkus‘ doch sofort in der Luft zerrissen werden!

In vielen Stadtbezirken mehren sich plötzlich jungerwachsene Raubtiere mit Halsband; gehalten in Küchen, Besenkammern oder wackligen Laufgittern. Nur olle Dompteusen oder Dompteure, die ruheständig im Norden Berlins ihr Gärtchen bepflanzen und schlimmstenfalls Brennesseln versorgen - wie Doris Arndt oder Alfred Bendix selig beteiligen sich nicht an diesem schicken Freizeitangebot. Legehennen, naturbelassen, sind ihnen jetzt lieber.

Anders liegt der Fall bei Männe Spindler, Prinzipal des Circus Safari, der beim großen Bruder Althoff-Williams zwei Kleintiger aus der Nachzucht erwirbt. Diese Neuanschaffung des rollenden Familienbetriebes soll sich auszahlen als anziehende Bereicherung der kleinen Tierschau. Und Safari wirbt fortan mit bunten Tierplakaten. (Mein damaliges Angebot, die beiden Jungtiger für eine Beschäftigung in der Manege auszubilden, war übrigens erfolglos.) In Männes Familie gibt es keinen Tierlehrer, und eingesperrt bleiben die kleinen Großkatzen - bildlich gesprochen - in einer Art Kellerwohnung mit Gitterfenstern. Tag für Tag, Jahr für Jahr. Die einzige Nahrung: Kuheuter roh. Die Menagerie des Mittelalters läßt grüßen.

Pascha und Sascha, inzwischen ausgewachsen, müssen sich den 5-6 Meter-Käfigkwagen mit einem schönen Mähnenlöwen teilen, der natürlich allein gehalten wird. Irgendwo hat endlich ein Berliner Amtstierarzt ein Einsehen und verlangt zumindest den ganzen Wagen für die beiden Tiger. Durchschlagender Erfolg: Der gute Löwe verschwindet in den ewigen Jagdgründen. (Davon spricht heute niemand mehr.)

In der BRD jedoch besinnt sich der Staat plötzlich und unerwartet seines Kulturauftrages, worunter - die Grünen lassen keinen Zweifel daran - auch der Tierschutz zählt. Und Mitte der 80er übernimmt West-Berlin ein mehr oder weniger entsprechend novelliertes Gesetz. Für Wildtiere zum Beispiel wird künftig eine „artgerechte“ Unterbringung und fachlich qualifizierte Haltung verlangt.

Der Zielkonflikt

Auch ein polizeiliches Führungszeugnis wird neuerdings verlangt, natürlich vom Raubtierhalter. Der aufgeklärte Obrigkeitsstaat sieht die Lage nicht ganz falsch. Nur hat er zwei Kleinigkeiten bei seinem überholten Gesetzeswerk einfach offengelassen, wenn nicht gar versäumt: Einmal die Festlegung von Ausführungsbestimmungen bei der „artgerechten“ Käfighaltung; zum anderen eine differenzierte Bestimmung der behördlichen Zuständigkeiten. Amtlicher Willlkür sind damit die Zügel gelockert, und der bislang exekutive Schlendrian schlägt denn auch unversehens in Pedanterie um.

Zugleich hat die Neuerung ihr Gutes: Amtstierärzte verwandeln sich über Nacht in eine Art bessere Kammerjäger und holen von Charlottenburg bis Kreuzberg Tiere aus Etagenwohungen, die dort nichts zu suchen haben: Wölfe, Riesenschlangen, Schimpansen usw. So weit, so gut. Nur werden bei diesem Feldzug zum Beispiel die Tiger eines kleinen Reinickendorfer Schlächtermeisters buchstäblich abgeschlachtet, wogegen ein Zehlendorfer Großkaufmann seine Löwen weiter im Gehege ausführen darf. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

All diese amtlichen Heldentaten zwecks Tierschutz, die sich in ihrem Sinn oder Unsinn gegenseitig oder selbst aufhoben, waren in den Zuständigkeitsbereich des verflossenen CDU -Senators für Gesundheit gefallen. Unter seiner Obhut hatte bald jeder beherzte Staatsveterinär, mit der Giftspitze im Gewand herumlaufend, eine schöne Raubtierleiche im Keller (ich sage nicht: ein Tigerfell über dem Kamin).

Zirkustiere hingegen waren bis dato prinzipiell verschont geblieben. Zwei kleine Beispiele: Anders als die erwähnten Reinickendorfer Tiger, die ein veritables Liebhabergehege besaßen, hatten die Circus-Safari-Tiger die amtstierärztliche Kampagne in ihrem Verlies heil überstanden. Nummer zwei: Einem Braunbären des Mini -Märchenzirkus schickten die Wilmersdorfer Amtsdoktoren zwar eine schriftliche Todesdrohung in seine provisorische Behausung, doch wurde dem Halter zugleich „ein großartiger Umgang mit dem Bären“ attestiert - womit die Jagd wie das Hornberger Schießen ausging.

Der Zirkus als Kunstgewerbe bildet einen Grenzfall und schafft eine gewisse Rechtsunsicherheit. Schließlich wird hier, wie auch immer, Kulturarbeit verrichtet. Der Zielkonflikt für den neuen Tierschutzstaat wird deutlicher, sofern man einräumt, daß Zirkus neben dem Theater, namentlich für Kinder und Jugendliche, zu den letzten lebendigen Unterhaltungsreserven unsrer Zivilisation gehört. Kultur-Tourismus-Senator Hassemer und sein Dienstherr haben das übrigens ähnlich gesehen, wenigsten solange ihnen Zirkus telegen wie Roncalli erschien.

Schieflage

Als nach dem jüngsten Jahreswechsel wie aus heiterem Himmel ein sogenannter Machtwechsel unter der Freiheitsglocke stattfand, tauchte indes neben Frau Anke Martiny, die als Schattenkultursenatorin in Apels SPD-Wahlkampf von '84/85 eine Förderung kleinerer Zirkusbetriebe programmiert hatte, ein „SPD-Arbeitskreis Tierschutz“ aus der Versenkung auf (das ist die bekannte gabe der spd, wählerpotentiale aufzuspüren. politisches chamäleon kann man dieses tierchen nennen. sezza). Und zumindest letzterer hat es verstanden, allen Beteiligten eine Gänsehaut über den Rücken zu jagen, Amtstierärzte und Raubtierbändigern gleichermaßen. Die Veterinärbeamten sprechen diesbezüglich von „selbsternannten politischen Tierschützern“. Was ist geschehen?

Die Spindlerleute vom Familienzirkus Safari sind im Grunde die „Bärenführer“ unserer Tage - und gehören daher unter Denkmalsschutz gestellt, auch wenn sie zeitgemäß mit Mercedes-Zugmaschinen über die Stadtautobahn rollen. Aber das ist nur Firnis. Im Herzen bleiben diese Überlebenskünstler auf ewig kleine Komödianten - unsere letzten Mohikaner. Zwar besitzen sie eine tiefen kulturgeschichtlichen Hintergrund, die kulturpolitische Raffinesse der emporgekommenen Ufa-Gaukler geht ihnen jedoch nicht zur Hand. Im Wohnwagen geboren, werden sie flugs zur leichten Beute regierender Tierschutzbanausen, die hinter sich die öffentliche Meinung haben.

Im schönen Zehlendorf, wo Safari '88 erneut armselig Winterquartier genommen hat, erstattet SPD-Arbeitskreis Tierschutz beim Veterinäraufsichtsamt Anzeige wegen nicht artgerechter Tigerhaltung in dem Kleinzirkus. Die Anzeige kommt nach sieben (!) Jahren etwas spät, aber doch rechtzeitig zur sozialdemokratischen Rückeroberung der Regierungsgewalt. Untermalt übrigens von einem geschickt inszenierten theatralischen Mediendonnerwetter. Was nun? Die Schieflage ist da.

Nach seinen Erfahrungen mit Herrn Hassemer kommt es Safari nicht in den Sinn, sich hilfesuchend an die Zirkusfreundin Anke Martiny zu wenden - zwecks Denkmalsschutz. Hätte der Zirkuszwerg offene Ohren gefunden, wäre die halbe Miete für eine weitläufigere Tigerbehausung schließllich schon bezahlt gewesen. Aber nein, die Spindlers verlassen sich vielmehr auf die wohlmeinende Privatinitiative einer Frohnauer Dentistin, die, vom Mediendonner gerührt, eine tierliebe Spendenaktion startet.

Die Kultursenatorin dagegen bleibt ungerührt. Entweder sie hat schon beim Amtsantritt das Kulturverständnis ihres Vorgänger verstanden, für den „Kulturelle Angelegenheiten“ eben nur Kunst bedeuten (Roncalli und Ufa-Zirkus großzügig ausgenommen), oder die AL hat ihr die '84 in Aussicht gestellte Förderung des kleinen zirzensischen Kulturbetriebes flugs aus dem Regierungsprogramm getrichen. Wer weiß?

Bezirklich-dezentral

Wird das öffentliche Spektakel um die Affäre Safari-Tiger immer greller, geht man gleichzeitig in den Kulissen unserer kleinen Berliner Zirkuswelt auf Zehenspitzen vor: Der Mini -Märchenzirkus etwa, ein gebranntes Kind, riecht Lunte und schreibt vorsorglich an das SPD-MdA Horst Kliche. Als ehemaliger Oppositioneller ist der Mann schließlich oft genug als Anfrager in Sachen Kleinzirkus und Großtierschutz zu hören gewesen.

Unter dem 17. Februar heißt es in diesem Brief förmlich unter anderem,:„Um den gewerblichen Tiermißbrauch, der geltenden Tierschutzgesetzen zuwiderhandelt, endlich wirksam zu unterbinden, müßte man nach unserer Auffassung bei öffentlich subventionierten zirzensischen Großunternehmen ansetzen, um Beispiele und Maßstäbe zu setzen, und einen Teil dieser Unterstützung auf sogenannte Bettelzirkusse umverteilen... In der Hoffnung, Gutes von Ihnen zu hören“ ... usw.

Indes hat sich der ehrenwerte Abgeordnete, einmal regierend, wider Erwarten nicht dazu geäußert. Der Grund läßt sich nur vermuten: Liegt ihm vielleicht die landeseigene Deutschlandhalle samt öffentlich finanzierter AMK, wo hinter dem Vorhang Mißbrauch mit Zirkustieren betrieben wird, selbst im Magen? Oder hält er zwei -quadratmeter-große Raubtierkäfige dort für ausreichend?

Anders seine Parteikollegin Dr. Anke Martiny, der aus gleicher Richtung ebenfalls ein Brief zuflog. Immerhin erkennt sie in ihrer Korrespondenz den Zirkus weiterhin als eine Kunstform an, da sie antwortet : „Meine begrenzten Möglichkeiten zur Unterstützung von Projekten der Darstellenden Kunst kennen Sie ...“ (haben wir eigentlich irgend etwas anderes als „begrenzte möglichkeiten“ und sachzwänge gewählt? zum teufel mit spd/al! sezza). Unter dem Strich aber verweist sie den Märchenzirkus an seinen „dezentralen“ Heimatbezirk Kreuzber. Auch hier werden einer Zwei-Klassen-Kultur Tür und Tor geöffnet, freilich unter neuen Vorzeichen.

Tagesspiegelfechterei

Was lernen wir daraus für den Fall Safari? Hätte es für den Familienzirkus tatsächlich einen Unterschied gemacht, sich in der Not ans Zehlendorfer Kunstamt zu wenden, um seine Tigerschau zu retten? Zu schön, um wahr zu sein, zumal es bei Safari mit der Ästhetik durchaus hapert. Andererseits ist der Leiter des lokalen Veterinäraufsichtamts, Dr. Frantz, wirklich kein Unmensch bzw. Raubtierkiller. Man stellt sich ihn eher als Forscher über dem Mikroskop und feierabends als Hausmusiker vor.

Und dennoch: Pötzlich erscheint er bei Safari, Zollstock unterm Arm, taxiert die Grundfläche des Käfigwagens, verlangt deren Verdoppelung - das nennt sich: Auflage per Bescheid mit Empfangsbekenntnis - und droht widrigenfalls die amtliche Tötung der Tiger Sascha und Pascha an.

Nirgendwo scheint der Tod näher zu liegen als in der Gesundheitsverwaltung. Tötung als Tierschutz in letzter Konsequenz. Man hat schlichtweg vergessen, der Gesetzesnovellierung eine materielle Grundlage zu unterstellen, das heißt eine behördliche Auffangstation für unzureichend versorgte Wildtiere aus Privathand samt Einrichtung zu deren Weitervermittlung an besser ausgestattete Tierhalter.

Das jahrelange Fehlen amtlicher Ausführungsbestimmungen zum „artgerechten“ Umfang einer Käfighaltung sagt genug über die Fragwürdigkeit des amtstierärztlichen Hantierens mit Meßlatte, Zirkel und Waage. Denn Tierverhalten unter menschlichem Einfluß ist relativ in höchstem Grade, ebenso unsere individuelle Ansicht darüber. Unsere benachbarten holländischen Gesetzgeber zum Beispiel haben sich diesen arithmetischen Nonsens praktischerweise erspart und einfach gesagt: Tiere, die nicht auch in der Manege beschäftigt werden, haben im Zirkus nichts verloren, Ende der eitlen Debatte.

Eine öffentliche Diskussion aber, bei der auch fachlich qualifizierte Praktiker zu Wort gekommen wären, wurde in unserer demokratischen Medienkultur gar nicht erst zugelassen. Nehmen wir nur ein Blatt aus der Mitte des Haufens, den 'Tagesspiegel‘, der eine ganze Serie von Meldungen oder Falschmeldungen über die Safari-Tiger ausgeschüttet hat. Doch jedesmal blieben dabei die veröffentlichten Meinungen ahnungloser Akademiker, Beamter und Politiker unter sich. Springers Presse emotionalisierte die Lesermassen zusätzlich.

Jahrelang war Safari des 'Tagesspiegels‘ liebstes Berliner Zirkuskind gewesen - Tierhaltung hin, Tierhaltung her. Jedes brave Redaktionsmädel hatte sich auf dieser harmlosen Spielwiese austoben dürfen. Zumindest war das „sachlich -kritische“ Blatt an der explosionsartigen Trendwende in Fragen Tierschutz völlig unschuldig. Zirkustiere lesen sich immer gut. Erst nach der jüngsten Auswechselung des Senats, da jener Arbeitskreis der Regierungshauptpartei zum Kreuzzug gegen Safaris Tigerhaltung auszog, hatte Spindlers Zirkusfamilie als illustrer Spaltenfüller ausgedient.

Der Tod des Tigers

Aus Männe Spindler, dem Hofnarr, wurde über Nacht ein Prügelknabe der Publizisten. Mal erscheint er als Tigerschinder; mal als Halter „Sibirischer“ Tiger, die laut Washingtoner Artenabkommen gar nicht mehr unter uns weilen; und mal erscheint Männe laut 'Tagesspiegel‘ überhaußt nicht mehr - da war er angeblich bei Nacht und Nebel mit Sack und Pack aus Zehlendorf verschwunden, um Nachstellungen der Behörden zu entgehen. Alles Lüge, mit Verlaub. Immerhin wurde halbherzig dementiert, wenn man die eigene Zeitung las und (trotzdem) bemerkte, daß man's gar nicht zu bunt getrieben hatte.

Auf die Idee, einen Vorschlag zur Güte zu machen, kam das Intelligenz-Blatt nicht: „Safari tauscht seine Manegerie -Tiger in einem Safaripark gegen pflegeleichtes Nilpferdbaby als neues Wappentier!“ Wer hätte ob solcher Glückswendung nicht seinen Spaß gehabt? Aber nein.

Unter Mitwirkung der alten Zoo- und Zirkustierärztin Gräfin von Maltzan versuchte ein Berliner Raubtierdresseur, im 'Tagesspiegel'-Forum einen Leserbrief unterzubringen. Es wurde darin tatsächlich behauptet, zwischen einer bloßen Manegeriehaltung im Zirkus und der üblichen Tierschau eines Zoologischen Gartens bestünde effektiv kein qualitativer Unterschied... Fehlanzeige. Dieses Thema war den lieben Zoo und Zeitungsabbonnenten nun wirklich nicht zuzumuten. Aber hätte die öffentliche Diskussion einer solchen These die Todesdrohung von Safaris Tigern nicht abwenden können?

Schließlich hat sich die alte Lehrmeinung der Zoo -Professoren Wedinger und Grzimek, wonach jede gewaltlose Tierdressur wildbiologisch artgerechter ist als die schönste Art von bloßer Tierschau, längst verallgemeinert.

'Kosmos‘, das Naturmagazin, zitierte kürzlich den Leiter der Wissenschaftsbehörde des Washingtoner Artenschutzabkommens, Dr. Blanke, sowie Dr. Zeeb vom Freiburger Tierhygienischen Institut, der mit Zirkustierlehrern zusammenarbeitet. Ihre Forschungsergebnisse: „Die Arbeit mit den Tieren in der Manege ist eine wohltuende Bereicherung ihrer reizarmen Umwelt, also wohl ihrem Wohlbefinden förderlich. Die moderne Raubtierdressur hat nichts mit Tierquälerei zu tun. Der Dompteur ist nichts anderes als ein Verhaltensforscher, der sich mit bestimmmten Tricks das natürliche Verhalten der Tiere für seinen Zweck zunutze macht. (...) Die Ausbildung von Tieren bedeutete Gymnastizierung, d.h. die artgemäße und verhaltensgerechte Entwicklung von Körper und Verhalten, um die ihrer Natur entsprechende Bewegungsmethode zu erreichen.„

Diese Idylle galt zwar nicht für die Circus-Safari-Tiger, doch ebensowenig für unsere gelangweilten Zoo-Tiger im Prachgehege. Ist doch nichts darin enthalten, was die „faulen“ Großkatzen auf Trab bringen könnte. Doch wer würde schon darauf kommen, diese schönen Geschöpfe deshalb umzubringen? Nicht einmal ein mieser Beamter. Für derartige Notschlachtungen im Namen des Tierschutzes ist immer noch ein armseliger Kleinzirkus gut genug. Armut muß uns verdächtig sein, ja geradezu ungesetzlich erscheinen. So stirbt Safaris Tiger Pascha.

Das Ende vom Lied

Warum nicht gleich beide Tiger? Männe Spindler, das Schicksal der Reinickendorfer Tiger im Kopf, ist dem Veterinäraufsichtsamt einfach zuvorgekommen. Er liquidierte einen seiner Tiger in der Annahme, damit hätte der zweite den amtlich verordneten Auslauf - und er selbst seine Ruhe vor den Behörden. Letztere hatten seinen Zirkusbetrieb schließlich ein Spielverbot erteilt, worauf er um Futter betteln gehen konnte - was allerdings auch genehmigungspflichtig ist. Ein Würgegriff, um den jeder Catcher das Bezirksamt beneiden dürfte.

Unter dem übermächtigen politischen Druck des SPD -Arbeitskreises Tierschutz sowie unter der rufschädigenden Meinungsmache einschlägiger Medien war die gute Absicht kontraproduktiv in eine böse Tat umgeschlagen, nachdem die intrigante Kampagne ihren Verlauf genommen hatte und außer Kontrolle geraten war.

Wie hätte es auch anders kommen können, wenn Amateure ihren naturbeflissenen Unverstand mit politischen Zündstoff aufmischen? Ähnlich tragichaotisch enden solche Aktionen ansonsten nur bei jenen autonomen Tierschützern, deren eingefärbte Hunde nachts unter den Biertischen von SO-36 -Wirtshäusern ihren Aldi-Rausch ausschlafen und und vielleicht von einer schönen Karnickelhatz träumen.

Ironie der Tigergeschichte: Nach Paschas Ende kam die Spendenaktion zum Erfolg und bescherte Sascha einen neuen Käfigwagen, doppelt und dreifach so geräumig wie der vorherige. Wie es heißt, soll der tierschützende SPD -Arbeitskreis allerdings nicht einen Pfennig dazu gegegen haben. Dafür verklagte er Safari-Prinzipal Spindler wg. „grundloser“ Tötung eines Tigers... Doch haben diese Tierschutz-Abenteurer nicht selbst den „Grund“ dazu gegeben, wenn schon keinen Pfennig?

Hätte Frau Bernhardt, Lautsprecherin unseres Möchtegern -Greenpeace, sich bei ihrer Fähigkeit, Ursache und Wirkung zu vertauschen, samt ihrer Unfähigkeit, Für und Wider abzuwägen, gestern als Raubtierdompteuse versucht, wäre heute nicht der Tod eines Tigers zu beklagen, sondern einer Parteipolitikerin. Tigern muß man erst mal eine Chance geben, eh‘ sie dir eine lassen. Doch Safaris Tiger Pascha war leider wehrlos.

Lulu