BGS in Kaisers Deutsch-Südwest

■ Kabinett schickt 50 Grenzschützer nach Namibia / Premiere für bundesdeutsche Uniformen in der UNO

Berlin (taz) - Fünzig Beamte des Bundesgrenzschutzes sollen in Namibia die UNO-Truppen stärken. Das hat gestern das Bundeskabinett beschlossen. Zum ersten Mal werden damit bundesdeutsche Uniformträger an einer internationalen Friedensmission teilnehmen. Unterstellt werden die Grenzschützer (BGS) der rund tausend Mann starken UN-Truppe „UNTAG“, die den Übergang Namibias aus der Verwaltung Südafrikas in die Unabhängigkeit kontrollieren soll. Die UNTAG soll insbesondere für einen ordnungsgemäßen und gewaltfreien Verlauf der ersten Wahlen in der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika am 6. November sorgen.

Die Bonner Kabinettsentscheidung geht auf eine Bitte des UN -Generalsekretärs Perez de Cuellar zurück. Die BGSler sollen helfen, insbesondere die rund 2.000 Mitglieder der früheren südafrikanischen paramilitärischen Gruppe „Koevet“ (Brechstange) zu überwachen. Der UN-Sicherheitsrat hat gestern in einer einstimmigen Resolution die Regierung Südafrikas wiederholt aufgefordert, den Unabhängigkeitsplan für Namibia (UN-Resolution 435) einzuhalten.

Die Grenzschützer sollen nach Angaben des Innenministers rein polizeiliche Aufgaben übernehmen und als Bewaffnung nur ihre Dienstpistole zur Selbstverteidigung erhalten. Der Einsatz soll Mitte September beginnen und ewta sechs Monate dauern. Im BGS ist die Idee begeistert aufgenommen worden. Für den Namibia-Auftrag hatten sich in den letzten 14 Tagen über 300 Beamte freiwillig beworben.

Im Auswärtigen Amt wurde gestern ausdrücklich betont, daß

der rund eine Million Mark teure BGS-Einsatz keinesfalls den Weg für Einsätze der Bundeswehr außerhalb des Nato-Gebietes freimachen solle. Auch Innenminister Schäuble - der noch vor vier Wochen die Entscheidung über ein Engagement des BGS mit einem generellen Votum für einen Bundeswehreinsatz in UNO -Truppen verbinden wollte - sprach gestern von einer reinen „Polizeimission“. Darüber hinaus dürfe diese „Sonderaufgabe“ nicht zu dem Fortsetzung auf Seite 6

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Mißverständnis führen, daß der BGS zukünftig für UNO -Aufgaben zuständig sei. Das Auswärtige Amt hatte erst nach längerem Zögern zugestimmt. In Genschers Ressort war die Befürchtung geäußert worden, daß mit der Entsendung des BGS auch ein Präzedenzfall für den umstrittenen Einsatz von Bundeswehreinheiten geschaffen werde.

Die Bonner Grünen, die sich als einzige Partei gegen die Teilnahme sowohl der Bundeswehr als auch der Polizei ausgesprochen haben, kündigten gestern noch vor der Kabinettssitzung an, mit allen Mitteln gegen den geplanten BGS-Einsatz vorgehen zu wollen. Fraktionssprecherin Antje Vollmer nannte die Kabinettsentscheidung ein „politisches Kommandounternehmen, das als Einstieg der Bundesrepublik in die Rolle des Welt-Hilfssheriffs der USA gedacht zu sein scheint“. Die SPD dagegen hat die Entscheidung als „längst überfällig“ begrüßt.

„Äußerst bedenklich“ nannten Apartheidgegner der „Bundesweiten Namibia Koordination“ den Bonner Beschluß. Mit dem Namen

der Deutschen verbinde sich in der ehemaligen Kolonie des Kaiserreiches bis heute die Erfahrungen der systematischen Diskriminierung und des Völkermordes an den Herero und Nama in den Jahren 1904 und 1905. Wegen der fortgesetzten Zusammenarbeit mit dem südafrikanischen Apartheidstaat könne die Bevölkerungsmehrheit Namibias auch kein Vertrauen in das jetzige Engagement der Bundesrepublik setzen.

Wolfgang Gast