Pleitegeier bedroht Solo-Musiker

■ Kreuzberger Musikschule hat kein Geld / 1.250 Schülern und 125 Paukern flatterte die Kündigung ins Haus / 250.000 Mark fehlen für den Unterricht

Für Solo-Pauken und Trompeten in der Kreuzberger Musikschule brechen tonlose Zeiten an. Wie Volksbildungsstadtrat Dirk Jordan gestern bestätigte, mußte den rund 1.250 MusikschülerInnen mit Einzelunterricht vorsorglich zum 30. September gekündigt werden. Der Grund: Die Kreuzberger Fiedelinstitution ist pleite. Rund 250.000 Mark fehlen in der Kasse, um den Solo-Unterricht aufrechtzuerhalten. Betroffen von der Kündigung sind auch 125 LehrerInnen, die auf Honorarbasis bezahlt werden. „Es sind einfach zuviele Schüler aufgenommen worden“, begründete Jordan die finanzielle Krise. Allein im ersten Halbjahr dieses Jahres seien 250 Musikinteressierte mehr aufgenommen worden, als mit den bisher zur Verfügung stehenden Geldern finanzierbar seien. „Die Musikschule hat es nicht übers Herz gebracht, einen notwendigen Aufnahmestopp zu verhängen“, erklärte der Volksbildungsstadtrat. Die schon vom Senat gewährte zehnprozentige Aufstockung des Etats habe nicht ausgereicht, das Haushaltsloch zu beseitigen. Anträge auf zusätzliche Mittel sind erst jetzt an die Jugendverwaltung gegangen. „Wir mußten alle Kündigungen von Schülerseite abwarten, um den exakten Fehlbetrag ermitteln zu können.“ Vorsorglich habe man schon im Juli einen Aufnahmestopp verhängt. „Wenn es in Zukunft keine zusätzlichen Mittel gibt, muß eine Obergrenze für die Schülerzahl festgelegt werden“, so der Volksbildungsstadtrat.

Nicht betroffen von der Kündigung sind die acht festangestellten Lehrer sowie deren 50 EinzelschülerInnen. Auch der Gruppenunterricht in Kursen und Orchestern inklusive musikalischer Früherziehung findet im Herbst wie vorgesehen statt. „Wir werden prüfen, inwieweit in Härtefällen der Einzelunterricht nicht doch noch fortgesetzt werden kann“, so Jordan. Unter den Schülern seien auch viele SozialhilfeempfängerInnen, die sich Privatunterricht nicht leisten könnten.

Unklar ist bisher, woher das fehlende Geld für die Kreuzberger Musikschule kommen soll. Die Pressereferentin des dafür zuständigen Jugendsenats, Gabriele Kämper, erklärte, das Kreuzberger Bezirksamt habe noch keinerlei Kontakt zu der übergeordneten Behörde aufgenommen. „Ende Juli hat es mal eine formlose Mitteilung über die Situation der Musikschule gegeben, aber das war auch alles.“ Die Jugendverwaltung erwarte jetzt einen Verstärkungsantrag. In jedem Fall werde es schwierig, das fehlende Geld „aus der Tasche zu zaubern“. Daß die Musikschule geschlossen werde, wolle Jugendsenatorin Klein auf keinen Fall. Nur: „Wenn man das Geld will, dann muß man das auch sagen und sich nicht hinterher beklagen, daß nichts da ist“, mokierte sich Kämper über die chaotische Haushaltsführung in der Musikschule.

Die ist bereits auch der Justiz bekannt: Dem Leiter der bezirklichen Musizierakademie, Schwinger, war schon im vergangenen Jahr von der Staatsanwaltschaft Mißwirtschaft bescheinigt worden. Ein Verfahren, in dem wegen Untreue gegen Schwinger erfolglos ermittelt worden war, hatte vor allem das Fehlen von Inventarlisten zu Tage gebracht.

cb