Gaudeamus igitur!

Hochspringer Sotomayor floppte bei der Universiade  ■  PRESS-SCHLAG

Hochgebildet, dieses Duisburger Publikum: In Viertelstunden -Intervallen bratzt „Gaudeamus igitur“ aus den Lautsprechern des Wedau-Stadions, und Vatter, Mutter, Kind und Kegel erheben sich an diesem letzten „dies academicus“ zu Ehren derer, die unten auf dem Rasen das Siegertreppchen erklettern. Ein Leichtathletik-Finale jagt das nächste, panta rei, konstant ist nur das ehrfürchtige Kribbeln in den Bäuchen der corporum sanorum.

Wo aber bleibt Javier Sotomayor, schließlich läuft das Hochsprung-Finale schon mehr als eine Stunde, und schließlich sind schon mehr als ein Drittel der sechzehn Teilnehmer gnadenlos abgeschmiert. Wenn sich die Duisburger schon mit keinem der bundesdeutschen Underdogs identifizieren können, wollen sie wenigstens den amtierenden Weltrekordinhaber sehen. Und der hat angedeutet, daß er den Universiade-Rekord (2,41 Meter) doch mit links überbiete.

Bei jämmerlichen 2,25 liegt jetzt, im vierten Durchgang, die Latte, Javier läuft lässig an, springt - und so wahr es Oma Lembke durchs Opernglas gesehen hat - da waren doch mindestens zwei oder drei Handvoll Luft. Zwei Gaudeamus -Zeiteinheiten später schält sich der Kubaner wieder aus seinem Trainingsanzug, fixiert stoisch seine Fans in der Südkurve, dreht sich um, läuft, springt und packt es: 2,31. Kommilitone Geoffrey Parkins muß bei dieser lichten Höhe schon aufgeben. Nur noch Rudolf Povarnitsin (Bronze) und Hollis Conway (Silber) machen es Javier nach.

2,34, die vermeintlich letzte Hürde auf dem Weg zum Universiade-Rekord, hat Maestro Sotomayor jetzt aufliegen. Nun muß er richtig arbeiten, konzentriert sich ausgiebig und springt zehn Sekunden vor dem Fristablauf gegen einen Siegerehrungsapplaus an. Das Luftpolster zwischen ihm und der Latte wird knapper. Er weiß: Fidel würde ihm eine Zigarre verpassen, wenn er nicht ... und nimmt sich zusammen - geschafft im ersten Versuch.

Acht Zentimeter mehr, 2,42, beträgt die nächste Höhe. Damit wäre der Universiade-Rekord um einen Zentimeter verbessert. Beim ersten Versuch kreuzt eine Staffel kurz vor dem Anlauf seinen Weg, stört seine Konzentration. Der zweite Versuch ist ein Schrittfehler, kein Absprung. Und der letzte Fehlversuch rettet ihm immerhin das Gesicht. „Die Bahn war plötzlich zu rutschig für den optimalen Anlauf“, sagt er später. Kein neuer Rekord, das Publikum sah es ihm nach. Gaudeamus igitur!

Thomas Meiser