Durchsuchungen und Festnahmen in Südafrika

Apartheidregime versucht mit verschärfter Repression die Opposition vor der Wahl zu schwächen / Gewerkschaften kündigen für Dienstag Streiks an / Wechsel im ANC-Vorsitz? / UNO kritisiert Bundesrepublik Deutschland wegen verstärkten Handels mit Südafrika  ■  Aus Johannesburg Hans Brandt

Während in New York die Vereinten Nationen am Mittwoch Japan, Taiwan und die Bundesrepublik wegen der Ausweitung ihres Handels mit dem Apartheidregime heftig kritisierten, setzte die südafrikanische Polizei ihre Einschüchterungskampagne gegen die Opposition im Lande fort. Hunderte von Anti-Apartheid-Demonstranten wurden am Mittwoch und Donnerstag in Südafrika bei Protestaktionen verhaftet. Die Aktionen sind Teil der seit Anfang August andauernden Widerstandskampagne, die parallel zum Wahlkampf für die am 6. September stattfindenden Parlamentswahlen veranstaltet wird.

Zwei Stunden lang durchsuchte ein großes Polizeiaufgebot am Donnerstag das Haus von Jay Naidoo, dem Generalsekretär des Kongresses Südafrikanischer Gewerkschaften (Cosatu). Cosatu hatte für die kommende Woche Streiks angekündigt. In Kapstadt erschienen noch in der Nacht zum Donnerstag 170 Frauen vor Gericht, nachdem sie bei einem Marsch zur britischen Botschaft verhaftet worden waren. Unter ihnen befand sich Leah Tutu, Frau des anglikanischen Erzbischofs Desmond Tutu.

In der Hafenstadt Durban wurden fünf führende Aktivisten verhaftet, darunter Curnick Ndlovu, Vorsitzender der Vereinigten Demokratischen Front (UDF), und der Sekretär des Gewerkschaftsdachverbands Cosatu, Sipho Cele. Und in Pretoria verhaftete die Polizei zehn Menschen, die gegen Rassentrennung in öffentlichen Bussen protestierten. Indessen kam es bei der Johannesburger Universität Witwatersrand zu sporadischen Auseinandersetzungen, nachdem die Polizei eine Protestversammlung verboten hatte. Wiederholt wurde Tränengas eingesetzt. 5.000 Schüler an für Mischlinge reservierten Schulen in Johannesburg boykottierten gestern den Unterricht. Hunderte versammelten sich bei einer der Schulen, um gegen die minderwertige Schulausbildung zu protestieren.

Die Protestaktionen haben den Wahlkampf für die Parlamentswahlen vollkommen überschattet. Diese Wahl wird allgemein als die wichtigste seit Jahrzehnten eingeschätzt. Selbst die Freilassung des seit fast 30 Jahren inhaftierten ANC-Führers Nelson Mandela gilt nach der Wahl als wahrscheinlich. Aus dem Hauptquartier des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) in Lusaka erfolgte indes die Mitteilung, daß sein Generalsekretär Alfred Nzo die Aufgaben des schwer erkrankten ANC-Vorsitzenden Oliver Tambo übernommen hat und ihn voraussichtlich auch ersetzen wird. Tambo hatte vor zwei Wochen einen Herzschlag erlitten und liegt mit Lähmungserscheinungen in einem Londoner Krankenhaus. Kommentar auf Seite 8