K U L T U R K O M M E N T A R Killer-Idylle

■ Von Ruhe, Ruhestörung und Bürgerpflichten

Stadtluft macht frei. Frei von der Enge von Zwängen in Randlagen und in Dörfern mit Kirchen hinter sieben Autobahnen. Mittendrin, hat sich eingebürgert, ist in. Die Wege sind kurz, die Lebensqualität ist prima, der Laden um die Ecke und noch ein Kaufmann mit echtem Schrot und Korn. Und allerliebst spielt Brüderchen mit Schwesterchen im italienisch anmutenden Hinterhof. Papi kommt meistens schon am Mittag von seinem anstrengenden Bildungs-Beruf heim. Das Leben ist fast so beruhigend unregelmäßig wie in einem Wetterhäuschen. Fast.

An der Hintertür steht nämlich der Nachbar. Und der Nachbar ist eine Kneipe. Vielleicht auch eine Gymnastikschule. Oder ein Cafe mit Stehgeiger-Einlage einmal im Monat. Und nun ist Stadtluft zwar frei, aber nicht für jeden. Schon gar nicht für solche, die ein von Berufs wegen offenes Haus haben, wohin an- und abgefahren werden kann, wovor öffentlich -deutlich gesprochen wird, wo bleiben denn da Recht und Ordnung? Papi erinnert sich: Ist Ruhe nicht die erste Bürgerpflicht?

Eine kleine Anzeige kann da nicht schaden. Ordnungsamt, übernehmen und verbieten Sie! Denn: Wo gibts denn sowas? In einem Rechtsstaat wird nicht einfach drauflos musiziert. Oder nach Belieben nach 20 Uhr auf der Straße gelacht! Schließlich sind wir ein Volk mit denunziatorischer Tradition! Die Straßenwarte sind schon da. Claudia Kohlhas