: Wo „Bio“ draufsteht...
■ ...ist noch lange nichts Biologisches drin Anbaumethoden werden im Großmarkt nicht überprüft
„Gemüse aus biologischem Anbau - das ist weitgehend Vertrauenssache.“ Dr. Koppe muß es wissen, denn er ist als Leiter der Bremer „Staatlich Chemischen Untersuchungsanstalt“ dafür zuständig zu kontrollieren, ob die Produkte auf dem Großmarkt wirklich das sind, was dransteht. „Überprüfen können wir eine solche Aussage nicht“, sagt er, „schließlich ist es an der Ware nicht mehr feststellbar, ob sie mit oder ohne Spritzmittel angebaut worden ist.“ Dafür seien die Analysemethoden zu ungenau. Außerdem fänden sich schließlich auch in rein biologisch angebautem Gemüse Rückstände von Pflanzenschutz- und Unkrautvernichtungsmitteln.
Die Lebensmittelpolizei schreitet denn auch nur ein, wenn dringender Verdacht auf „Irreführung der Kunden“ besteht, zum Beispiel dann, wenn jemand bereits im Februar deutschen Freilandsalat anbietet. Doch selbst dann ist ein Beweis des Gegenteils kaum möglich, da zunächst der Handelsweg in Amtshilfe von der Polizei anderer Bundesländer oder gar des Auslands bis zum Erzeuger zurückverfolgt werden müßte. Und der hat sein angebliches Feld dann ja bereits abgeerntet.
Deshalb beziehen Bremens Naturkostläden biologisches Gemüse nur von Höfen, die sie persönlich kennen, oder über vertrauenswürdige Organisationen wie „Demeter“ oder „Bioland“. Ein eigenständiger Bremer „Bio-Großhandel“ in Oberneuland ist gerade eingestellt worden. „Die Leute reden zwar alle von biologischem Gemüse, aber kaufen tun sie es nicht“, hat Kurt, einer der Oberneuländer Bio-Großhändler feststellen müssen: „Den Leuten reicht es offenbar, wenn ihnen am Marktstand gesagt wird, die Kartoffeln stammten aus eigener Ernte.“ Dabei sagt „eigene Ernte“ - wenn es überhaupt stimmt - noch nichts über die Anbaumethode aus.
Aber wo ein Bedarf ist, gibt es auch ein Angebot. Dann liegen im Gemüseladen an der Ecke schon mal „biologisch angebaute“ Möhren. Doch deren tatsächliche Herkunft läßt sich nur bis zum Großmarkt zurückverfolgen. „Daß es schwarze Schafe gibt, die auf der Bio-Welle mitsegeln, das ist doch klar“, lautet Dr. Koppes Auskunft.
Ase
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