Eine Schul-Million für „feudales“ Musikfest

■ Unmut an der Hochschule: Bei der Bremer Musik-Kultur wird gespart, für PR mit auswärtigen Musikern gibt's Millionen

An der Gesamtschule Mitte fehlt es sogar an Schultafeln, Schulleiter Stolle muß Geschirr von zu Hause mitbringen. Der Schulleiter Rettkowski hätte gern eine „Sicherungsanlage“ gegen die vielen Einbrüche im Schulzentrum an der Alwin -Lonke-Straße, kürzlich sind ihm 30.000 Mark an „Lehr- und Lernmitteln“ gestrichen worden. Der Schulleiter Stille vom Hamburger Gymnasium würde gern die Fenster nach der Hamburger Straße hin schallschützend erneuert haben. Keine Frage, nach Jahren der Sparpoli

tik wäre eine lange Liste dringend notwendiger Investitionen an Bremens Schulen leicht zu erstellen. Wenn denn Geld übrig sein sollte im Bildungs-Etat.

Daß da eine Million übrig ist, ist aber den Schulen nicht gesagt worden. Wie einen Joker aus dem Hut zog der Senatsdirektor Hoffmann diese Million, als eines seiner Lieblings-Projekte'das „Musikfest Bremen“, mehr als drei statt wie geplant zwei Millionen Ausgaben aufgelistet hatte und damit auf der Kippe stand.

Ende September wird dieses

„Musikfest Bremen“ mit einem „prachtvollen Eröffnungskonzert im Stile der Florentiner Intermedien“ beginnen, bis Ende Oktober soll es in knapp 40 Konzert-Veranstaltungen vom feinsten zugehen - „herausragende Ensemles und Einzelinterpreten“ sind in die Hansestadt eingeladen. Weltbekannte Interpreten alter und neuer (klassischer) Musik werden kommen, Alfred Mangelsdorff (Jazz) wie der Rock -Gitarrist John McLaughlin. Das läßt sich Bremen etwas kosten - erwarteten Einnahmen von viel

leicht 150.000 Mark stehen Gesamtkosten von 3 Millionen gegenüber.

Das Musik-Fest bringt nach wie vor (vgl. taz ,6.7.) die Bremer Musiker-Szene auf die Palme, die sich völlig übergangen fühlt: Damit auswärtige Künstler „vor 500 feinen Herrschaften“ spielen, werden Millionen locker gemacht, derweil fehlt es „in der kontinuierlichen Arbeit hinten und vorne“, sagt Hans-Joachim Kauffmann, Sprecher des Fachbereiches Musik an der Hochschule für Künste (HfK).

In Bremen gibt es z.B. keinerlei Begabten-Förderung, kritisiert der HfK-Musik-Professor Kurt Seibert. Ein dreiseitiges detailliertes Kritik-Papier von ihm kursiert in der Hochschule. Trotz der horrenden Subventionen, wird da angemerkt, gibt es keinerlei Ermäßigungen für Studenten, die Preise für die Konzerte liegen durchschnittlich bei 25-30 Mark. Solche Preise bedeuten einen „Rückfall in die Exklusivität feudaler Zirkel“, schreibt Seibert. Oder: Auf den Plakaten stehe etwas von „Meisterkurse in Zusammenarbeit mit der Hochschule“, die Musik-Studenten der Hochschule hätten aber davon erst am Ende des Sommersemesters erfahren, die Hochschullehrer seien überhaupt nicht beteiligt gewesen, von einer vernünftigen Vorbereitung könne keine Rede

sein. „Die Hochschule sollte sich jedoch Qualitätsnormen verpflichtet fühlen, die jenseits von PR-Effekten liegen...“

K.W.