Bürgerkrieg scheint in Kambodscha gewiß

■ Nach dem Desaster der Kambodscha-Konferenz droht dem Land mehr als nur der Wortkrieg

Der Schaukrieg hat bereits begonnen, für den Mißerfolg der Kambodscha-Konferenz machen sich die Hauptdarsteller nun gegenseitig verantwortlich. Doch der Wortkrieg ist nur das ominöse Vorspiel zur bewaffneten Auseinandersetzung, die sich Prinz Sihanouk weigert einen Bürgerkrieg zu nennen.

Aber die gegenseitigen Beleidigungen waren ebenso vorhersehbar, wie der Quecksilberprinz unvoraussagbar. Noch mit Tränen in den Augen appelierte er an die Konferenz, die Roten Khmer unter keinen Umständen an die Macht zurückkehren zu lassen. Vor den entsetzten Journalisten beschwor er einmal mehr das Böse der Roten Khmer, die 14 Mitglieder seiner Familie auf dem Gewissen haben. Doch am Ende der Konferenz gab sich der Prinz in aller Eintracht mit jenen, die für den Tod von über einer Millionen Kambodschanern während ihrer vierjährigen Terrorherrschaft verantwortlich sind.

Aber Sihanouks Verrücktheit hat Methode: Hat der geeinte Widerstand mit der Waffenhilfe der Roten Khmer Hun Sens Marionettenregierung nach dem Truppenabzug der Vietnamesen erst überwältigt, so kalkuliert er, mit westlicher Hilfe und dem Haß der Kambodschaner auf die Roten Khmer zum guten Ende die Alleinherrschaft im Lande wieder sichern zu können.

Doch schon zu Beginn des Jahres haben sich Hun Sens Truppen recht erfolgreich gegen die Aggression der Roten Khmer verteidigt. Und was ihnen an militärischer Erfahrung mangelt, bringen sie an Entschlossenheit mit, eine Rückkehr des Pol-Pot-Regimes auf die „killing fields“ auf jeden Fall zu verhindern.

Der Waffennachschub für die Roten Khmer bleibt die Schlüssselfrage. Wie aus militärischen Kreisen in Bangkok bekannt wurde, haben sich China und Thailand in der vergangenen Woche geeinigt, gemeinsam den Vorrat aufzustocken - Anlaß zu begründeten Bedenken, daß die Roten Khmer diese Kanäle auch in Zukunft anzapfen könnten.

Dies dürfte jedoch nur eine Seite der chinesischen Strategie sein, denn bei der Pariser Konferenz haben sie ihren Unterhändler der Roten Khmer deutlich zurückgepfiffen, als dieser sich derart gebärdete, daß selbst der französische Außenminister nicht mehr umhin konnte, ihm den Rausschmiß anzudrohen.

Nach den mühsamen Annäherungsversuchen an die UdSSR und Vietnam und durch die dramatische ökonomische Krise unter Druck gesetzt, ist China längst nicht mehr so entschlossen, die Unterstützung für die Roten Khmer zu perpetuieren.

Falls der Widerstand jedoch nicht auf Anhieb den erhofften militärischen Sieg gegen die Regierung Hun Sen davonträgt und vieles spricht dafür -, scheint gewiß, daß die Kampfmoral schnell auf den Nullpunkt sinkt und sich die Aggression gegen die eigenen Koalitionsmitglieder kehrt.

Larry Jagan