Risikowohnen in Moabit

■ Am Samstag besetzten rund 20 junge Leute den Häuserkomplex Lehrter Straße 50/51 / Hinterhäuser stehen seit 10 Jahren leer

Unter dem Motto „Experimentelles Risikowohnen“ haben sich am Samstag rund 20 wohnungslose Menschen in den leerstehenden Häusern Lehrter Straße 50/51 in Moabit einquartiert. Schon vor drei Monaten hatte die Bürgerinitiative für eine billige Prachtstraße mit einer symbolischen Besetzung auf die ungeklärte Situation der Gebäude aufmerksam gemacht. Das Vorderhaus der Lehrter Straße 50 war vor rund einem Jahr einem Dachstuhlbrand zum Opfer gefallen und steht seitdem leer.

Die BesetzerInnen befürchten jetzt vor allem, daß die Hinterhäuser und Seitenflügel in naher Zukunft abgerissen werden sollen. „Die Häuser stehen schon seit zehn Jahren leer“, erklärte einer der Anwohner. Ein Gutachten, daß die Eigentümerfirma Haberendt in Auftrag gegeben habe, stelle den Abriß der fünfstöckigen Gebäude in Aussicht. „Dann kommen hier Neubauten hin, die überhaupt keiner will“, so der letzte Mieter der Lehrter Straße 51. Er ist der Einzige, der sich bisher mit Erfolg gegen das Räumungsstreben von Haberendt gewehrt hat. Die Firma hatte das Haus innerhalb kurzer Zeit ohne Grund entmietet. Nach Angaben des Solo -Hausbewohners, wolle der Eigentümer nun die Vorderhäuser Instand setzen, die restlichen Gebäude jedoch dem Rammbock überlassen.

Bis wenigstens zum kommenden Wochenende wollen die neuen BewohnerInnen in der Lehrter Straße die Stellung halten. Dabei sollen künstlerische Aspekte beim experimentellen Risikowohnen nicht fehlen. „Es gibt hier jede Menge kreativer Leute in der Straße, denen es an Ausstellungsräumen fehlt“, beklagte einer der Anwohner. Das wolle man wenigstens in dieser Woche ändern.

„Es sollen möglichst viele Leute vorbeikommen und die Räume gestalten“, waren sich die Besetzer einig. Sie mußten mangels Interieur am Samstag noch im zugemüllten Hof frühstücken. Dort kam dann auch der erste Schritt in Richtung Kunst am Bau zustande: Ein benachbarter Künstler stiftete eines seiner Werke für die Hofmauer und sorgte für den ersten bunten Fleck auf dem Gelände.

cb